Herrn von Bülows Universum

19.9.2013 Merkur-online, Isar-Loisachbote

Herrn von Bülows Universum

München – Das Münchner Literaturhaus zeigt in „Loriot: Spätlese“ unbekannte Werke des Künstlers aus dem Nachlass

Loriot Literaturhaus München
Loriot Literaturhaus München

„Loriot: Spätlese“. So nennt sich die Münchner Ausstellung zu Ehren von Vicco von Bülow, der am 12. November 90 Jahre alt geworden wäre. In der Tat hat Loriot in seinen Cartoons wie in seinen Filmen die Wirkung geistiger Getränke – Spätlese musste es nicht unbedingt sein – genüsslich analysiert. Dass Wein ziemlich niederschlagend sein kann und die Feuerwehr an Silvester für ihre brennende Zentrale angesichts der Sekt-Spritze kein Auge hat, ist jetzt im Literaturhaus schon in ganz frühen Blättern des Erfinders der „1977er Oberföhringer Vogelspinne“ (TV-Sketch) zu entdecken. Die Kuratoren Peter Geyer und O. A. Krimmel beeilen sich jedoch zu betonen, dass „Spätlese“ von später Lese komme. Und haben dabei weniger Trauben im Sinn als zumeist frühe Werke des 2011 Verstorbenen, und zwar unbekannte, unveröffentlichte. Susanne von Bülow, die ansonsten alle Ausstellungen abgesagt habe, sei „eine riesige Hilfe“ gewesen, erklärt Geyer, weil sie im Werk und in den Intentionen ihres Vaters bestens daheim sei. So war es eben nicht nötig, ein „Best-of vom Best-of“ in die Literaturhaus-Galerie zu quetschen. Man kann den Besuchern stattdessen viele Überraschungen bieten und hat obendrein noch zwei Bücher ediert: „Spätlese“, Zeichnungen und einige Gemälde, sowie „Gästebuch“, Fotografien. Die Schau (in Kooperation mit der Komischen Pinakothek) selbst lockt in ein Kulissenhaus, sozusagen ins Loriot’sche Universum, mit verschiedenen Zimmern und Gängen. Der Kenner stutzt, weil es ein Katzen-, kein Mops-Haus ist – gemach, die Hunderl tauchen noch auf. Groß aufgezogen ist nicht nur die Fassade (wo sonst der Kukuruz/ Maiskolben hängt, haben die Stubentiger Mäuse aufgereiht), sondern auch fast mannsgroße Knollennasen-Männchen geleiten durch die Präsentation. Die macht sogleich klar, dass der Neuling Bülow mit seinen Ideen öfters abgeschmettert wurde, etwa von der Münchner Zeitschrift „Weltbild“. Mit der Serie „Der gestrenge Chef“ mochte sie 1953 nichts anfangen, wie der Ablehnungsbrief zeigt. Die Originalzeichnungen beweisen dafür, dass Loriot damals bereits davon wusste, was wir heute neudeutsch Mobbing nennen. Na gut, dass Chefs an ihrem Schreibtisch einen Morgenstern (stachelgespickte Schlagwaffe) hängen haben, mag übertrieben sein. Aber die anderen Beispiele – man überzeuge sich selbst. Tränen lachen kann der Betrachter hingegen über Szenen von Straßenbauarbeiten, vom Urlaub, Nahverkehrsmittel Hexenbesen oder vom Wetterbericht. Obacht bei „…leichten Niederschlägen am Randes eines Tiefs“! Denn Loriot hat sich hier (wie so oft) die Strategie des Wörtlich-nehmens zu eigen gemacht, und das bringt seine Stresemann-Figürchen ziemlich in Bedrängnis. Diese surreale, dadaistische oder valentineske Denkfigur war in den Fünfzigern doch manchen Zeitschriftenleuten zu fremd. Vielleicht zu anspruchsvoll. Der Künstler verlangt ja immer einen wachen, genau schauenden und geistig beweglichen Partner.

Vicco von Bülow
Vicco von Bülow

Wir Loriot-Geübte erfreuen uns in der Schau aber nicht nur an den Inhalten. Ein stiller und inniger Genuss ist es, Originale vor Augen zu haben: die Hand in der Linie zu spüren, die kleinen weißen Korrekturen zu sehen – und Loriots Gespür für Farben. Als Pointe eingesetzt in großformatigen Tableaus, etwa beim Pfingstausflugs-Wahnsinn; wundervoll, stehlenswert feinfühlig bei den winzformatigen Gemälden, zum Beispiel bei der bläulichen Abendstimmung mit abgeschlafftem Mops-Engel; und künstlerisch beeindruckend in den noch winzigerformatigen Farbstift-Arbeiten aus den letzten Lebensjahren. Das sind kubistische Werke in klug gesetzten Nuancen, die Collage, Skurrilitäten à la Arcimboldo und Surreal-Satirisches kombinieren. Spielerisch in der inneren Freiheit. Da entstanden tiefe Weisheiten wie der Anzugträger-Kerl. Die Aufschläge von einem auch so gesitteten Sakko und noch einem und noch einem flattern auf zu seinem Kopf – werden dort zu den Zipfeln einer Narrenkappe. Und der weiß-blau gerautete Kragen mag auf Bayern hindeuten. Neben diesen Preziosen finden sich außerdem einige Fotografien aus dem „Gästebuch“, das nie entstand. Übrigens: Die bei allen Aufnahmen verwendete Topfpflanzen-Säule dürfen die Besucher in der Schau jetzt (samt Zubehör) benutzen, um sich in Pose zu werfen. Daneben, noch interessanter, drei alte Werbefilme – der älteste Zeichentrickstreifen preist die Soziale Marktwirtschaft (!) – und der erste Mini-Spielfilm von Loriot: „Die toten Augen von Gauting“ (1961). Was danach kam, wissen wir alle… Simone Dattenberger Bis 12. Januar 2014 werktags 11-19 Uhr, Wochenende 10-18 Uhr; Salvatorpl. 1.

Villa Max: Juristische Anordnung der Instandsetzung

10.09.2013

„Juristische Anordnung zur Instandsetzung“

Münsing – Das Ringen um den Erhalt der Max-Villa geht in eine neue Runde
„Alle fachlichen Fragen sind geklärt, jetzt gibt es eine juristische Anordnung zur Instandsetzung“, erklärte Nikolaus Könner bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Denkmalschutz am Sonntagabend in Wolfratshausen. Könner ist Referatsleiter beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und als Hauptkonservator mit dem Fall betraut.

Dass die Eigentümerin der Villa am Starnberger See einlenkt und das stark baufällige Gebäude saniert, bezweifelt Könner allerdings: „Es ist erwiesen, dass sie nur einen Abriss mit anschließendem Neubau im Sinn hat.“ Nun gehe es um die Frage, wie lange die Behörden dem Verfall der Villa Max „weiter zuschauen möchten“.

Landrat Josef Niedermaier rechnet nach eigenen Worten damit, dass die Immobilien-Eigentümerin aus München gegen die Anordnung sofort gerichtlich angehen wird. Ursula Scriba, Vorsitzende des Schutzverbandes für das Ostufer des Starnberger Sees, fand in der Podiumsdiskussion deutliche Worte zur Causa Max-Villa: „Die Eigentümerin verhindert, dass das Haus an diejenigen übergeben wird, die es lieben.“ Es dürfe jedoch nicht vergessen werden: „An jedem Tag, an dem nichts geschieht, wird das Denkmal weiter zerstört.“ Über die Podiumsdiskussion wird noch ausführlich berichtet. (dor)

OSV-Programm 2013up

9.7.2013

Ein waches Auge auf das Ostufer


Münsing – Der Schutzverband stellte seine neuesten Projekte vor – zudem sollen die Arbeiten an der Schlosskapelle bald beginnen

Der Ostuferschutzverband (OVB) ist sehr aktiv und wird es bleiben. Das zeigte sich am vergangenen Freitag in der Jahresversammlung, die mit rund 50 Interessierten im Gasthaus Gerer in Ammerland stattfand.

Hier gab es Positives zum „Sorgenkind Schlosskapelle in Ammerland“ zu vermelden. Demnach ist eine mögliche Umstellung des Fördersystems, die den Beginn der Sanierung möglicherweise lange Zeit blockiert hätte, nun endgültig vom Tisch.

Über vergangene und künftige Veranstaltungen des OVB informierte Christine Kolbinger, Leiterin des Arbeitskreises Kultur. So wird der Bildhauer Ernst Grünwald voraussichtlich im Herbst eine Besichtigung der Kunstgießerei Marc-Andreas Hofmeister in Höhenrain anbieten. Auch wird die promovierte Architekturhistorikerin Kaija Voss einen weiteren Vortrag zur Gartenkunst halten.

Kolbinger trat während der Versammlung letztmalig als Leiterin des Arbeitskreises Kultur auf. Sie will künftig mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen und legte ihr Amt nieder. Petra Schulze, die Kolbinger schon als Beirätin ersetzen wird, wird den Arbeitskreis Kultur künftig gemeinsam mit Alexandra Theiss führen.

Scriba nutzte die Versammlung, um eine weitere Ehrenvorsitzende zu ernennen: die Kreisheimatpflegerin Maria Mannes. Die hatte vorab nichtsahnend über ihre Arbeit informiert und erklärt, wie sie helfen kann, wenn Besitzer historischer Bauten diese nach den offiziellen Denkmalrichtlinien sanieren wollen.

Mittlerweile zählt der OVB 247 Mitglieder. Dass sich der Schutzverband weiterhin für den Erhalt der Max-Villa in Ammerland einsetzen wird, betonte Ursula Scriba noch einmal ausdrücklich. Das Landschulheim in Seeheim will man ebenfalls im Blick behalten. (njd)