„Absoluter Gewinn für die Gemeinde“

Von Benjamin Engel, Wolfratshauser SZ 16. November 2018

 

Münsing – Zweieinhalb Jahre nach dem Grundstückskauf erwartet der Vorstand des „Kuratoriums Wohnen im Alter“ (KWA) eine Entscheidung. Kontrovers wurde über das geplante Seniorenwohnstift auf dem Areal der früheren Wiedemann-Kurklinik in Ambach diskutiert. Erst entschied sich der Gemeinderat gegen einen Architektenwettbewerb. Dann startete das Gremium ein Workshop-Verfahren mit vier Architekturbüros. Die Entwürfe der Teams von Matteo Thun und Beer Bembé Dellinger aus Greifenberg stehen nun zur Auswahl. So intensive Diskussionen habe er noch bei keinem KWA-Vorhaben erlebt, schilderte Vorstandsmitglied Stefan Arend bei einem Pressegespräch am Dienstag. „Was man da abverlangt bekommt, ist außergewöhnlich.“

Um sich zu erklären, hatten Arend und Vorstandskollege Horst Schmieder in das Bio-Hotel Oberambach geladen. Im Gespräch unterstrichen die Vorsitzenden, am Projekt des Seniorenwohnstifts festzuhalten. Baurecht hätte das KWA zwar auch für eine Schlaganfallklinik. Das hat aber keine Priorität. Noch diese Woche wollen die KWA-Vorsitzenden dem Gemeinderat mitteilen, wie sie die verbliebenen Architektenentwürfe bewerten.

An der umstrittenen Zahl von 80 Wohneinheiten wollen sie aber nicht mehr rütteln. Diese Größenordnung sei nötig, um die Senioreneinrichtung nachhaltig zu betreiben, sagte Arend. Zudem habe sich das KWA bei den Dimensionen bewegt. Ursprünglich habe man mit 120 Wohnungen geplant, allerdings auf einem größeren Areal. In einem Konzept sei dann von 91 gesprochen worden. Jetzt gehe es nur noch um 80 Wohnungen. „Das ist keine Zahl nach Jux und Dollerei“, schilderte Arend. Das werde das KWA deutlich begründen.

Was ein Seniorenwohnstift laut Schmieder prägt, sind die großen Gemeinschaftsflächen. Sie machen etwa 50 Prozent aller Räumlichkeiten aus – wie Restaurant, Theater, Schwimmbad und Clubräume. Beliebig verkleinern, lasse sich eine solche Einrichtung kaum, betonten Schmieder und Arend.

Der eigene ambulante Dienst brauche eine gewisse Größe. Das Schwimmbad könne zwar kleiner ausfallen, nicht aber die Technik. Gleiches gelte für einen Veranstaltungssaal. Werde das Seniorenwohnstift zu klein, entstehe genau die Luxuswohnanlage, die dem KWA immer unterstellt werde, sagte Arend.

Weiter führte Schmieder aus, dass niemals alle Wohnungen belegt seien. Das KWA betreibe mit dem Ruperti-Hof in Rottach-Egern am Tegernsee eine Einrichtung. In 103 Wohnungen lebten dort beispielsweise 86 Menschen. Vergleichbar sei es in anderen KWA-Wohnstiften. „80 Wohnungen sind keine 100 Bewohner“, äußerte sich Schmieder zu Ambach.

Befürchtungen nach zu viel Verkehr traten die Vorsitzenden ebenfalls entgegen. Ihnen zufolge haben nur elf Prozent aller Bewohner in KWA-Einrichtungen überhaupt ein Auto. Genauso sei auch die Zufahrt über den Simetsbergweg keineswegs zu schmal. Selbst Baufahrzeuge kämen dort um die Kurve, schilderten Arend und Schmieder. Das hätten sie extra ausgemessen. In Ambach würden etwa 50 Mitarbeiter benötigt. Entgegen Gerüchten plane das KWA aber dort nicht mit Personalwohnungen. Das sei auch nicht nötig, weil damit zu rechnen sei, dass die meisten Beschäftigten aus der Region kommen.

Vom Mehrwert der Ambacher Einrichtung gab sich der KWA-Vorstand überzeugt. „Wir sehen so ein Wohnstift als absoluten Gewinn für Gemeinde“, schilderte Arend. Rund um den Starnberger See gebe es zu wenige Angebote für ambulante Dienste oder Tagespflege. Die Leistungen stünden der gesamten Bevölkerung offen.

Ende Oktober hatten die Architekten Matteo Thun und Sebastian Dellinger ihre überarbeiteten Entwürfe für das Seniorenstift im Gemeinderat präsentiert. Nach Kritik hatte Thun die lang gezogenen Strukturen seiner Gebäude aufgelockert. Um Bäume zu schonen, wurden einzelne Häuser anders platziert. Drei Viertel der Bewohner könnten auf den Starnberger See blicken, die restlichen 25 Prozent auf grüne Wiesen. Das überdachte Schwimmbad wurde mitten in die Anlage platziert.

Für beide Architekturbüros ist das historische Waldschlösschen einschließlich Restaurant und Rezeption das Herzstück des Seniorenwohnstifts. Das Team von Dellinger hat nun auf die schlecht belichteten Souterrain-Appartements verzichtet. Jeder der sieben zweistöckigen Pavillons hat nun vier Wohnungen pro Etage. In einer Stellungnahme hatte sich Münsings Bürgermeister Michael Grasl (FW) für eine baldige Grundsatzentscheidung ausgesprochen. Er favorisiert ein Wohnstift statt einer Klinik