Gedenken für einen außergewöhnlichen Maler

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Der Ostuferschutzverband erinnert an den 100. Todestag von Gabriel von Max, dessen Sommerhaus in Münsing derweil verfällt

Münsing/München – Im Münchner Kunstverein drängten sich die Besucher. Vor allem Frauen reagierten höchst emotional. Vielen fingen sogar an zu weinen. Der Andrang war so groß, dass die meisten alles gar nicht richtig sehen konnten.

So beschreibt ein Kunstkritiker die Reaktionen des Münchner Publikums auf das Bild „Märtyrerin am Kreuz“ von Gabriel von Max (1840 – 1915) im Frühjahr 1867. Der Maler feierte damit seinen ersten großen Erfolg und wurde berühmt. Noch im selben Jahr wurde das Bild mit einer fast im Schönheitsschlaf entrückt wirkenden Heiligen Julia am Kreuz auf der Pariser Weltausstellung gezeigt. In den folgenden Jahrzehnten verdiente der Maler, Spiritist und Darwinist viel Geld. Er konnte sich ein Anwesen samt Atelier an der heutigen Paul-Heyse-Straße in München und ein Sommerhaus in Ammerland am Starnberger See leisten. Auf den Tag genau vor 100 Jahren verstarb Max.

Der Ostuferschutzverband (OSV) gedenkt an diesem Dienstag seines Todestages mit einer Kranzniederlegung am Alten Südfriedhof in München. Eine öffentliche Person war Max allerdings kaum. Im Gegensatz zur allgemeinen Aufmerksamkeit lebte Max zurückgezogen, suchte nicht den großen, öffentlichen Auftritt.

Wer sich in Münsing auf seine Spuren begibt, stößt am Starnberger Seeufer in Ammerland schnell auf sein früheres Sommerhaus. Doch statt künstlerischer Grandezza ist an den rund 150 Jahre alten Mauern längst nur noch Verfall zu erkennen. Verfaulte, abgebrochene Balkonbrüstungen und bemooste Schindeln auf dem Dach prägen die Fassade des denkmalgeschützten Gebäudes. Die heutigen Eigentümer scheint das kaum zu bekümmern. Bereits zweimal wollten sie das Haus abreißen lassen. Vor allem der OSV bis hin zum Internationalen Denkmalrat (ICOMOS)protestierten lautstark.

Dadurch geriet auch der Bewohner des Hauses wieder in den Blick der Öffentlichkeit. Vor fünf Jahren widmete das Lenbachhaus dem Maler eine umfassende Schau.

Max wurde 1900 zum Ritter geschlagen. Schon damals begann das Interesse an seiner Kunst langsam nachzulassen. Zu altmodisch erschienen da bereits die Werke des hoch Gefeierten. Sein Stil der Salonmalerei des 19. Jahrhunderts entsprach längst nicht mehr den Entwicklungen der künstlerischen Avantgarde.

Doch was machte seine Kunst einst so populär, dass selbst der US-amerikanische Stummfilmstar Gloria Swanson (1899 – 1983) sie zum Vorbild nahm? Für einen Film bestand sie darauf, eine Szene mit der vom Löwen erschlagenen Hauptdarstellerin exakt nach dem Abbild seines Gemäldes „Die Löwenbraut“ zu drehen. Max konnte virtuos malen, wusste wohl das Bedürfnis seiner Umgebung nach Aufsehen und Mitleid erregenden Bildern, tragischen und sentimentalen Szenen zu befriedigen. Zu seinen Motiven zählten neben Affen Märtyrerinnen am Kreuz, auf dem Scheiterhaufen, schwangere Nonnen, der gekreuzigte Jesus, Frauen im Schwebezustand zwischen Tod, Leben und Auferweckungen.

Im Laufe der Jahre baute er sich eine naturwissenschaftliche Sammlung mit mehr als 60000Objekten auf. Dazu zählten eine der größten und bedeutendsten Schädelsammlungen von Menschen und Primaten und vieles mehr aus dem Gebiet der Anthropologie, Zoologie, Ethnologie und Prähistorie. Zeitweilig hielt er sich sogar bis zu 14 Affen in München. Zudem interessierte er sich für Spiritismus.

Max wurde in Prag geboren. Später studierte er an der Münchner Akademie beim Historienmaler Carl Theodor von Piloty (1826 – 1888), war selbst dort kurze Zeit Professor. Er war zweimal verheiratet und hatte drei Kinder. Sein Sohn Colombo wohnte noch bis zu seinem Tod 1970 im Haus in Ammerland. Benjamin Engel

Süddeutsche Zeitung, 24.November 2016, Wolfratshauser SZ

Ostuferschutzverband, Gedenken zum 100. Todestag von Gabriel von Max, Dienstag, 24. November, 15.30 Uhr, Musik: Reiterliche Jagdhornbläser München, Lesung: Anatol Regnier, Alter Südfriedhof (Grablage: 23-01-20), München