Münsing, den 2. Februar 2017
Verehrte Mitglieder,
die Frage, wie es auf dem Gelände der ehemaligen Wiedemann-Klinik weitergehen soll, beschäftigt derzeit den Gemeinderat, die Presse und viele Münsinger Bürger. Sie beschäftigt auch uns, weil der Schutz der Ostufer-Landschaft vor Zersiedelung, baulicher Verdichtung und untypischer Neubebauung ureigenste Aufgabe unseres Verbandes ist. Deshalb stehen wir hinter dem Rahmenplan der Gemeinde Münsing aus dem Jahr 2008, der genau diese Ziele hat. Dieser Rahmenplan war die Lehre aus dem Fiasko des Bebauungsplanes Grünwaldhof, als ein Münchner Bauträger im Rahmen eines Bebauungsplanverfahrens eine Bebauung erzwang, die von den meisten Ambachern als völlig misslungen empfunden wird. Man kann sie besichtigen. Zu allem Unglück hat der Verwaltungsgerichtshof den Bebauungsplan Grünwaldhof aufgehoben, sodass auch noch die Uferbebauung gestattet werden musste, obwohl der Freistaat dort bereits ein Vorkaufsrecht ausgeübt und im Hinblick auf den Bebauungsplan wieder aufgegeben hatte. Die Gemeinde hat wenig Glück mit ihren Bebauungsplänen: Jetzt ist auch noch der Bebauungsplan Ammerland-Süd wegen schwerer Mängel bei der Abwägung der Gründe aufgehoben worden.
Wir meinen deshalb, dass die Gemeinde äußerst zurückhaltend mit der Aufstellung von Bebauungsplänen im Bereich des Ostufers sein sollte. Zu diesem Mittel sollte sie nur greifen, wenn es zum Schutz des Ostufers unbedingt nötig ist. Aus unserer Sicht besteht aber keine Notwendigkeit, für das Wiedemann-Areal neues Baurecht für eine Senioren-Wohnanlage zu schaffen. Das Gelände liegt im Außenbereich, in dem prinzipiell keine Bebauung zulässig ist, außer für Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Imkerei u. Ä. Dass dort noch die Ruinen der ehemaligen Klinik stehen, geht auf Baugenehmigungen aus den 1960er und 1970er Jahren zurück, die eigentlich nicht hätten erteilt werden dürfen und deren Umstände wir nicht nachvollziehen können. Die verfallenen Gebäude haben ihren Bestandsschutz verloren, weil die Kliniknutzung m Jahre 2002 aufgegeben wurde. Im Außenbereich haben die Ruinen damit genauso wenig Existenzberechtigung wie ein leerstehendes Wochenendhaus, eine aufgegebene Maschinenhalle, ein stillgelegtes Atomkraftwerk oder eine stillgelegte Reithalle. Alle derartigen Gebäude müssten eigentlich zurückgebaut werden, um den Außenbereich – sprich die freie Landschaft – zu erhalten. Dass dies häufig nicht geschieht, steht auf einem anderen Blatt.
Zwar ist einem Berliner Investor im Jahr 2014 aus nicht nachvollziehbaren Gründen genehmigt worden, die Kliniknutzung wieder aufzunehmen und die Ruinen zu sanieren und teilweise zu erneuern. Dieser Investor hat das Projekt aber aufgegeben. Jedenfalls ist damit kein generelles Baurecht auf dem Gelände für ganz andere Zwecke entstanden, wie mittlerweile allgemein anerkannt ist. Bis vor Kurzem bestand nämlich die irrige Auffassung, dass durch diese Erlaubnis eine Art generelles Baurecht entstanden sein könnte.
Der Gemeinderat steht also vor einer schwierigen Entscheidung: Sollen die Ruinen auf dem Gelände Anlass dafür sein, eine Neubebauung durch Erlass eines Bebauungsplans zu ermöglichen? Soll das Gelände Außenbereich bleiben und langfristig als freie Landschaft erhalten werden? Wir meinen, dass es für eine Neubebauung sehr gute Gründe geben muss. Diese Gründe können aber nur in den Bedürfnissen der Gemeindebürger liegen: Angemessene Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum, Stärkung der Infrastruktur, wirtschaftliche Notwendigkeiten durch Gewerbeansiedlung etc. Diese Gründe müssen so gewichtig sein, dass sie die Ziele des Rahmenplanes der Gemeinde – Erhaltung der Kulturlandschaft Starnberger See – überwiegen. Die Interessen eines privaten Investors, eine Wohnanlage für Senioren mit 80 bis 90 Wohnungen im Hochpreissegment zu errichten, halten wir nicht für ausreichend. Wir sehen auch die Gefahr, dass eine solche Anlage irgendwann zu einer Ferienwohnungsanlage wird, die den Zielen des Rahmenplanes direkt zuwiderläuft. Für eine Neubebauung muss es also zwingende Gründe geben. Andernfalls droht der Gemeinde die nächste Prozessniederlage vor dem Verwaltungsgerichtshof mit erneuten Prozesskosten. In Ambach gibt es noch viele Grünflächen im Außenbereich, die sich – mit Seeblick – hervorragend für eine Bebauung und Vermarktung eignen. Was will die Gemeinde Bauträgern entgegenhalten, die solche Grundstücke aufkaufen und darauf Wohnanlagen errichten wollen? Die Nachfrage wäre da. Neues Baurecht sollte nur geschaffen werden, wenn es für die Sicherung der Existenz der einheimischen Bauern, Fischer und Handwerker erforderlich ist, also von Menschen, die hier ihren Lebensunterhalt verdienen. Zur Geschäftemacherei mit Grund und Boden sollte die Gemeinde sich nicht hergeben, auch wenn sie in gemeinnütziger Gestalt daherkommt.
Nach den Feststellungen des Rahmenplans wird die Kulturlandschaft des Ostufers von drei Gebäudetypen geprägt:
– land- und forstwirtschaftliche Gebäude,
– villenartige Gebäude,
– Boots- und Badehäuser.
Wohnanlagen mit 80 bis 90 Wohnungen gehören nicht dazu und sind deshalb Fremdkörper.
Wir appellieren deshalb an den Gemeinderat, vor dem Beschluss einer Neubebauung ausführlich in der Öffentlichkeit zu erörtern, warum eine Neubebauung erforderlich ist und wie diese aussehen sollte. Eine Neubebauung müsste dann auch Menschen mit mittlerem oder geringem Einkommen, jungen Familien oder Künstlern zugutekommen. Eine Wiederbelebung des Geländes, wie seitens der Gemeinde gefordert, ausschließlich durch Senioren erscheint uns eine seltsame Idee. Und warum muss eine Bausünde der Vergangenheit auf einem Gelände wiederbelebt werden, das eigentlich nicht bebaut werden soll?
Wir bitten Sie deshalb, sich an der Diskussion dieser Fragen zu beteiligen und Ihre Meinung auch gegenüber der Gemeinde zu äußern. Am 14. Februar 2017 um 20 Uhr im Gemeindesaal wird das Thema im Gemeinderat zur Sprache kommen. Wir bitten Sie, Ihr Interesse durch persönliches Erscheinen zum Ausdruck zu bringen.