Stellungnahmen zum Seniorenwohnstift: Der vom Investor favorisierte Entwurf fällt bei den Bürgern durch
VON TANJA LÜHR, Isar-Loisachbote vom 14./15. Juli 2018
Münsing – Zehn Stellungnahmen zu den Plänen für das KWA-Seniorenwohnstift in Ambach sind bei der Gemeinde Münsing eingegangen. Wie berichtet waren die beiden zur Auswahl stehenden Entwürfe der Architekturbüros Matteo Thun sowie Beer, Bembé, Dellinger zwei Wochen lang im Sitzungssaal zur Ansicht ausgestellt. Am Freitag endete die Frist für Stellungnahmen. Bürgermeister Michael Grasl rechnet jedoch noch mit einigen Nachzüglern.
Bisher lasse sich erkennen, dass der Entwurf von Beer, Bembé, Dellinger (BBD) von den Bürgern favorisiert werde. Unserer Zeitung liegen drei Stellungnahmen vor, die sich für diese Variante aussprechen. Während Matteo Thun eher hotelartige, langgezogene Gebäude mit Blick auf den See vorsieht, gruppiert Sebastian Dellinger seine Zeltdachhäuser rund um einen Anger.
Ursula Scriba, selbst Architektin, Vorsitzende des Ostuferschutzverbands und Gemeinderätin, schreibt, das „Ambacher Gefühl“ greife ihrer Meinung nach nur BBD auf. Das Büro orientiere sich an der lockeren Villenstruktur am Seeufer. Dadurch werde eine bessere Durchlüftung gewährleistet, die Bewohner könnten aus allen etwa 80 Wohnungen den Seeblick genießen. Das alte Waldschlösschen, das erhalten und renoviert werden soll, stehe „froh und frei“ als Alleinstellungsmerkmal da und nicht, wie bei Matteo Thun, an die restliche Bebauung angefügt. Bei Thun würden zudem 16 der ebenfalls etwa 80 Wohnungen auf den Wald blicken.
Scriba mahnt bei beiden Plänen eine Reduzierung der Appartments an. Sie schlägt dem Kuratorium Wohnen im Alter (KWA) vor, dafür auf das Schwimmbad zu verzichten und somit Kosten zu sparen. Münsing beteilige sich schließlich finanziell am interkommunalen Hallenbad in Geretsried. Shuttle-Busse könnten die KWA-Stiftbewohner dorthin zum Schwimmen bringen.
Sebastian Wiedemann, Sprecher der „Initiative Ambach“ und von Beruf ebenfalls Architekt, kommentiert den – von KWA favorisierten – Entwurf des Mailänder Stararchitekten Matteo Thun mit den Worten „Alter Wein in neuen Schläuchen“. Er unterscheide sich nicht großartig vom so genannten Testentwurf Christian Weigls aus dem Jahr 2016. „Schade, dass KWA das Potenzial des Wettbewerbs nicht nutzen und sich auf frische Ideen einlassen will“, schreibt Wiedemann.
Mit frischen Ideen meint er die kleinteilige Bebauung von BBD. Die lockere Anordnung vermeide eine Riegelbildung und öffne sich nach Süden, so Wiedemann. Die pavillonartigen Gebäude seien weniger an die althergebrachte Gestaltung angelehnt, wodurch sich ein freundliches Bild ergebe. Dem Argument von KWA, die Privatsphäre sei durch die Blickbeziehungen nicht gewährleistet, setzt der Ambacher entgegen, soziale Kontakte würden dadurch eher gefördert.
Mechthild Felsch, Grünen-Kreisrätin aus Münsing und Seniorenbeirätin des Landkreises, bevorzugt die BBD-Variante, weil sie die Villenstruktur am Ostufer, die auch im Rahmenplan als schützenswert genannt wird, besser nachempfinde. Außerdem könnten die Pavillons im Fall einer Pleite des Seniorenstifts besser als Wohnungen für die Allgemeinheit genutzt werden, schreibt sie. Felsch weist zudem darauf hin, dass KWA statt einer „Tagesbetreuung“, von der bisher die Rede sei, eine „Tagespflege“ anbieten solle. Denn nur dafür gebe es Zuschüsse von den Krankenkassen. Zuletzt bemerkt sie, dass Betreutes Wohnen im Hochpreissegment nicht als Bedarf im seniorenpolitischen Gesamtkonzept des Landkreises auftauche.
Bürgermeister Grasl will nun allen Gemeinderäten die Stellungnahmen zukommen lassen. Wann über den Siegerentwurf entschieden werde, stehe noch nicht fest. „Mir ist es wichtig, dass eine kritische Beleuchtung der Entwürfe und Argumente erfolgt“, betont Grasl. Eine Reduzierung der Wohneinheiten könne er nicht versprechen, auch wenn er in den Gesprächen mit KWA versucht habe, dies durchzusetzen. „Ein Träger muss doch auch wirtschaften können“, findet er. Bei 60 Wohnungen, wie von vielen Ambachern gefordert, spare sich KWA vielleicht den Saal für öffentliche Veranstaltungen oder die Tagespflege. „Dafür muss dann der Gemeinderat den Kopf hinhalten.“ Im Übrigen sei die ehemalige Wiedemann-Klinik auf dem Grundstück mit 145 Betten, 99 Zimmern und durchschnittlich 135 ambulanten und stationären Patienten für die Bevölkerung nie ein Problem gewesen.