Gefeiert wurde dieser dritte Denkmalpreis des OSV in der Seeburg, vom dortigen Personal liebevoll und umsichtig unterstützt. Natürlich stellt sich sofort die Frage, warum sich die Jury (Martin Wölzmüller, Geschäftsführer des Bayrischen Landesvereins für Heimatpflege, Kreisheimatpflegerin Maria Mannes, Architekturhistorikerin Dr. Kaija Voss mit dem Vorstand des OSV Ursula Scriba, Prof. Johannes Umbreit, Manfred Stecher, Dr. Albert von Schrenck-Notzing und Mechthild Felsch) für Schloss Ammerland entschied. Ziel des Denkmalpreises ist es, das private Engagement der Eigentümer bei der Denkmalpflege zu honorieren und somit durch Vorbilder einen Anreiz zur Nachahmung zu geben.
Gilt dies für Schloss Ammerland? Aber ja! Seit die Familie von Pocci das Schloss verlassen hatte, vergingen rund 20 Jahre bis jemand Kraft, Liebe, Hinwendung und Ausdauer aufbrachte, um diesen magischen Blickpunkt des Starnberger Sees, wieder zu vollem Leben zu erwecken. Dieses besondere Anwesen, das über Ammerland hinaus den See prägt, sollte für den OSV Anlass für ein großes, gemeinsames Fest sein.
Zur Eröffnung des Abends erklangen im Burghof die Naturhörner der „ Reiterlichen Jagdhornbläser München“, mit ihren Jagdfanfaren an die große jagdliche Tradition erinnernd. Im Burghof, geschützt vor Wind und Wetter, denn der 4. Februar 2016 war ein sehr stürmischer Abend, stieg die festliche Stimmung.
Zur Stärkung beim Empfang mit rosa perlendem Prosecco und Pinos Antipasti strömen ca. 80 Interessierte in die Festsäle der Seeburg. Musikalische Umrahmung bieten Stephanie Wagner – Sopran, begleitet von Johannes Umbreit am Klavier. Ursula Scriba gibt den Preis bekannt und freut sich besonders, dass Josef Strobl, Gorythoma, 2. Bürgermeister und Erster Preisträger des Gabriel von Max Denkmalpreises, erschienen ist.
Münsings Bürgermeister Michael Grasl betont in seinem Grußwort die Offenheit der Gemeinde für den Denkmalschutz, verweist auf die hohe Anzahl der Denkmäler in den Ortsteilen und das große Engagement der Gemeinde für zwei Denkmäler in eigener Hand: Die gelungene Sanierung und Restaurierung der Kapelle in Bolzwang, sowie Arbeiten am alten Schulhaus von Holzhausen.
Im Festvortrag von Bezirksheimatpfleger Dr. Norbert Göttler werden die Zuhörer nachdenklich gestimmt. Er beleuchtet den Begriff Heimat über die Zeiten von sehr unterschiedlichen Seiten. Verlorene Heimat, neue Heimat – ein Bogen zu Münsings Asylbewerbern ist geschlagen und gleichzeitig das Bewusstsein geweckt für das eigene Privileg über Heimat zu verfügen.
Ursula Scriba läd alle ein zu einem Rundblick auf die Hofmarken des Starnberger Sees. Schloss Starnberg aus dem 11. Jahrhundert eröffnet den Reigen. Abgesehen von Schloss Kempfenhausen ist erkennbar, dass alle Hofmarken kompakte Gebäude sind mit je 3- und 4 oder auch 5 Fensterachsen, häufig mit Zeltdächern als oberer Abschluss, an die mächtigen Bergfriede des Mittelalters erinnernd. Eine Erklärung für dieses Phänomen könnte in den Nachwehen des 30jährigen Krieges liegen, denn in Versailles baute man zu dieser Zeit ganz anders. Einige Gebäude verfügten über Türme als Herrschaftszeichen, wie z.B. Garatshausen, Schloß Berg (im 19. Jahrhundert) und Leutstetten, das ähnlich wie Ammerland an beiden Seiten Turmbauten zeigt, damit seine Hauptansicht repräsentativer gestaltet wird. Herausragend in seiner Herrschaftlichkeit und Wohlproportioniertheit präsentiert sich Schloss Ammerland: Auf den achsensymmetrischen Schauseiten zum See und zur Seestraße sitzen 7 Fensterachsen, die beiden Seiten mit den zwei Türmen 5 Achsen, die Höhe beträgt 3 Gaden (Stockwerke). Erläuternd gezeigt werden die ersten hochadligen Besitzer, Portraits dieser Wittelsbacher Fürstbischöfe im Hermelin, die nach 1685 plötzlich Europapolitik in das kleine Ammerland der Fischer und Bauern brachten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts über das Lehen Ludwigs I zieht mit den Grafen von Pocci wieder Glanz in das noble Schloss, Gäste wurden geladen, Jagden angeblasen. Nach dem 1. Weltkrieg und beginnender Demokratie erwarben die Grafen Schloss Ammerland, deshalb auch Poccischloss genannt.
Die Familie von Pocci – Mechthild Felsch hatte mit sicherer Hand Hans Jürgen Syberbergs Dokumentarfilm aus dem Jahr 1966/67 herausgesucht und prägnante Szenen aus dem 90 minütigem Einblick in gräfliches Leben vorbereitet. In großer emotionaler Dichte portraitierte Syberberg die Persönlichkeiten, ihre Leidenschaften und Lebensbereiche. Mit vielleicht der berührendsten Szene schließt die Sequenz: Graf Konrad: leidenschaftlich, männlich attraktiv, edler Kopf, er schlägt den Rhythmus – im Hintergrund ein Schloss, das auf viele helfende Hände wartet.
Kreisheimatpflegerin Maria Mannes hatte viele Fotos und Dokumente zur ab Mitte der 50ger Jahre wechselnden Sanierungsbereitschaft der ebenso wechselnden Schlossbesitzer aus den Tiefen des Archivs des Landratsamtes in die Seeburg gebracht. 20 Jahre des vergeblichen Hoffens, Resignierens, Abwendens. Bis Werner Döttinger erst einen kleinen Teil des großen Hauses erwarb und schließlich Eigentümer des Schlosses wurde. „Es war wie in einer Ehe…“ berichtete er „…wir gehörten zusammen (ob man wollte oder nicht)“. Aber er wollte. Er wollte bereits von Anfang an und unterstützte die begonnene Sanierung des krank und schwach gewordenen Hauses massiv (Architekt der Bauvorlage und Sanierung Till Boodevaar).
Allein verantwortlich geworden suchte er die Unterstützung eines erfahrenen, guten Freundes: Stefan Wildgruber, auch in Ammerland ein Name mit Klang. Er zeichnete für den Innenausbau und die Rekonstruktion des Renaissance-Barock Gartens verantwortlich. Der Putz wurde von Hand aufgezogen, taktile Effekte, Lichtspiele waren angestrebt. Viel diskutierte man über Farbnuancen der Oberflächen, Mineralfarben wurden gewählt. Sehen Sie sich das Schloss an und denken Sie sich Varianten aus (es war auch einmal rosa). Man fuhr in eine Schreinerei bei Mantua, die auf Nussholz aus den Wäldern Serbiens spezialisiert ist und im Vergleich zum gewohnten venezianischen Standard einfache, reduzierte Betten für Königin Juliane von Holland gebaut hatte. Einige waren übrig… Der Architekt kennt eine Glasbläserei auf dem Festland, in der Lampen mundgeblasen werden. Mit milchiger Fassung lässt sich diskrete Beleuchtung an die Decken zaubern. Der große Muranoleuchter wurde mit Korken zusammengesteckt. Die Böden: Im Erdgeschoss beginnt man mit robustem Material: Gelber Jura mit leicht orangen Einflechtungen. Darüber wählt er Leichteres: Versailler Parkett. Im Gang ganz oben reichen breite Bretter mit geschnittenem Ornament. Im Bad findet sich Marmor aus der apulischen Barockstadt Lecce, barock geformt.
Für den Garten fand man einen Stein, das Becken vertiefte der Steinmetz, die Pumpe saugt das Wasser an und speit es wieder aus, ein beruhigender Kreisluf ist entstanden. In Hamburg befindet sich eine spezielle, große Baumschule für Formhölzer. Die wachsen auf den dortigen moorigen Böden so gut. Mit Geschnittenen Zieräpfeln können sie in Ammerland gesetzt werden. Mit Buchs entsteht das charakteristische Parterre: Quadrate und Diagonalen aus Buchs rahmen Rosen. Noch etwas Besonderes wird verwendet: handgeschlagene Steine aus dem Bergell.
Der Moment ist gekommen: Ursula Scriba überreicht die von Ernst Grünwald geschaffene Plastik vom Affen auf der Säule sitzend, der eine Villa in den Armen hält: Die Villa Max, golden schimmernd. Die Jahreszahl 2016 ist in den Sockel graviert. Die Bronze erwärmt sich in Werner Döttingers Hand, Blickwechsel, sie schließen Freundschaft. Eine Umarmung, 2 strahlende Gesichter, viele strahlende Gesichter und Stephanie Wagner singt speziell für den Preisträger „Die Christl von der Post“. Einige Besucher betrachten zum Ende des Abends vom Turm den nächtlich erleuchteten See.