Langhäuser oder Pavillons

 

Für das Ambacher Seniorenwohnstift gibt es zwei bevorzugte Entwürfe – von Matteo Thun und Beer Bembé Dellinger. Die Modelle sind derzeit im Rathaus einzusehen. Die Münsinger können dazu Stellung nehmen.

Von Benjamin Engel, Münsing, Wolfratshauser SZ, 28. Juni 2018

Link zum Originalartikel in der Wolfratshauser SZ vom 28. Juni 2018

Im Gemeindesaal hat es Architektin Nicolette Baumeister am Dienstagabend auf den Punkt gebracht. „Die heutige Sitzung ist ein wichtiger Meilenstein im Verfahren“, sagte sie. Erstmals konnte die Öffentlichkeit erfahren, wie das in Ambach auf dem Gelände der früheren Wiedemann-Klinik geplante Seniorenwohnstift aussehen könnte. Am von Baumeister moderierten Workshop-Verfahren hatten sich vier Architekturbüros beteiligt. Zwei davon hat der Bauausschuss des Gemeinderats vorausgewählt. Um seinen Entwurf zu präsentieren, war der italienische Stardesigner Matteo Thun mit seinem Team aus Mailand angereist. Die beiden Architekten vom Büro Beer Bembé Dellinger hatten es aus Greifenberg weniger weit.

Matteo Thun & Partners

Zur Landschaft als Ausgangspunkt seiner Architektur bekannte sich Matteo Thun. „Meine These ist: Die Natur gewinnt und nicht die Architektur“, sagte er. Das könne jeder sehen, der über das Gelände mit den seit mehr als zehn Jahren leer stehenden früheren Sanatoriumsgebäuden gehe. Die Häuser seien komplett kaputt.

An deren Stelle will der Architekt sechs Neubauten im oberen Hangbereich errichten. Die Häuser sollen sich am Archetypus des Langhauses orientieren – mit Zementsockel und den oberen Stockwerken in Holzfertigbauweise. Das begründet Thun mit dem Bedürfnis von Senioren nach einfachen, klaren Architekturformen. Die unteren Bauten sollen auf dem Dach begrünt werden. So sollen die Häuser gleichsam in grüner Landschaft verschwinden und beim Blick aus den höher am Hang liegenden Gebäuden Richtung See kaum mehr als Architektur kenntlich werden. Die oberen Häuser gruppieren sich um einen inneren Hofbereich. Die 81 Wohnungen sollen größtenteils zum Starnberger See hin ausgerichtet werden.

Die frühere Waldschlösschen-Villa – darum hat sich die ehemalige Wiedemann-Klinik entwickelt – soll laut Thun vom „Speck der 1960er-Jahre Bauten“ befreit werden. Für ihn ist das historische Haus mit Restaurant und Lobby Herzstück der gesamten Anlage. „Für Ambach und Umgebung soll das wieder der Ort werden, wo man sich trifft“, schildert der Architekt.

Beer Bembé Dellinger

Sieben kleine Häuser und das frei stehende Waldschlösschen gruppieren sich nach dem Entwurf des Greifenberger Büros um einen terrassierten Innenhof. Alle Häuser mit Satteldach sind unterirdisch durch Gänge verbunden, oberirdisch über separate Eingänge aber genauso erreichbar. Nach allen vier Seiten der Gebäude sind Wohnungen mit Balkonen orientiert. „Die klassische Altenheimtypologie wollen wir vermeiden“, schilderte Sebastian Dellinger.

Mit dem Aufzug oder per Treppe kommen die Bewohner von jedem der Pavillons in den Hof mit Wegen zum Spazierengehen. Vom verputzten Waldschlösschen sind die holzverkleideten weiteren Häuser optisch bewusst abgegrenzt. „Wir wollen eine bessere Orientierung allein schon über die Baukonfiguration schaffen“, berichtete Dellinger. Im Erdgeschoss des historischen Baus soll das Restaurant, im Obergeschoss sollen Rückzugsräume zum Kaffeetrinken oder Kartenspielen entstehen. Das Schwimmbad soll in den Terrassenarkaden unter dem Erdgeschoss der Villa integriert werden. Alle Räumlichkeiten mit größerem Volumen, etwa für die Tagespflege oder den Veranstaltungssaal, werden in den Hang geschoben. Damit bilden sie die Basis für die darüber liegenden Pavillons.

Favorit der Betreiber

Das „Kuratorium Wohnen im Alter“ (KWA) hat große Teile des Sanatorium-Grundstücks vor rund zwei Jahren gekauft. Laut dessen Vorstand Horst Schmieder ist für die Bewohner eines Seniorenstifts wichtig, dass ihre Intimsphäre gewahrt bleibt. In Ambach wollten sie auf den See blicken, was im Entwurf von Thun besser möglich sei. Die Wohnbereiche müssten von anderen Einrichtungen wie Tagespflege, Schwimmbad oder Veranstaltungssaal abgesetzt sein. Eine einfache Orientierung müsse es in der Anlage geben. Das sehen er und Gerhard Schaller vom KWA-Baumanagement im Thun-Entwurf besser verwirklicht. Noch bis Mittwoch, 11. Juli, sind alle vier Entwürfe zum Plangutachten im Rathaus – und auf der KWA-Homepage – einzusehen. Die Münsinger können bis Freitag, 13. Juli, schriftliche Stellungnahmen beim Bauamt einreichen. Ende August soll der Gemeinderat entscheiden, welcher Entwurf weiterverfolgt wird.