Senioren am See

 

Von Benjamin Engel, Wolfratshauser SZ vom 9. März 2017

Münsing – Die Kommune wird die Pläne für ein Seniorenstift in Ambach vorantreiben – allerdings ohne Architektenwettbewerb. Grundlage soll die Mitte Februar vorgestellte Machbarkeitsstudie des Büros Goergens & und Miklautz mit maximal 80 Wohnungen sein. So hat der Gemeinderat in der Sitzung am Dienstagabend mit elf zu sechs Stimmen entschieden. Die Stimmung war aufgeladen: Dicht an dicht drängten sich die Zuhörer. Einige mussten im Sitzungssaal stehen oder sogar auf Stühlen vor der geöffneten Saaltür Platz nehmen – unter ihnen auch der Ambacher Schauspieler Sepp Bierbichler.

Die Debatte blieb kontrovers: Vor allem Ursula Scriba, Gemeinderätin der Bürgerliste und Vorsitzende des Ostuferschutzverbands (OSV), war über das Votum gegen einen Architektenwettbewerb enttäuscht: „Wir wären das den Ambachern schuldig gewesen. Der Gemeinderat hat sich einer wichtigen städtebaulichen Möglichkeit beraubt“, sagte sie. Bei besonders schwierigen Bauvorhaben wie an diesem Standort seien Wettbewerbe üblich. Aus Sicht von Scriba sind die geplanten Bauten zu hoch und wuchtig. Mit vier Geschossen überragten sie das Gasthaus Fischmeister am Seeufer noch um 1,50 Meter.

Auf dem früheren Sanatoriums-Gelände soll das Seniorenstift entstehen. Foto: Hartmut Pöstges

 

Auf dem zum Starnberger See abfallenden Standort für das Seniorenstift am nordöstlichen Ortseingang stehen noch die Gebäude des aufgegebenen, früheren Wiedemann-Sanatoriums. An deren Stelle will die gemeinnützige GmbH „Kuratorium Wohnen im Alter“(KWA) mit Sitz in Unterhaching bauen. Laut Machbarkeitsstudie könnten drei Einzelhäuser und ein nördlicher Komplex um einen Hof an der nordöstlichen Hangkante gruppiert werden. Das frühere Ärztehaus würde abgerissen. Laut Beschluss sollen die Wohnflächen maximal 4377 Quadratmeter groß sein.

Mit seinem Antrag eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen erst einmal ganz zurückzustellen, scheiterte Matthias Richter-Turtur (Wählergruppe Ammerland). Erst müssten die Auswirkungen von Besucher- und Lieferverkehr auf Ambach geklärt werden, sagte er. Der Gemeinderat kritisierte ein Empfehlungsschreiben des Bürgermeisters von Rottach-Egern – dort betreibt KWA auch ein Wohnstift – zu dessen positiven Auswirkungen. Ambach und der Ort am Tegernsee als Zentrum von Luxushotels ließen sich nicht vergleichen.

Der Andrang in der Gemeinderatssitzung ist groß. Foto: Hartmut Pöstges

Christian Weigl vom Büro Goergens & Miklautz betonte, dass die Kommune im weiteren Planungsverfahren noch durch Gutachten belegen müsse, wie sich der Verkehr oder Lärm auf den Ort auswirkten. Seiner persönlichen Einschätzung nach würden die Auswirkungen nicht negativer sein als die der früheren Kurklinik.

Über die Aufregung gegen das Projekt wunderte sich Dritter Bürgermeister Ernst Grünwald (Wählergruppe Ammerland). „Das Seniorenstift ist eine Bereicherung für Ambach mit Schwimmbad, Kultursaal und Leistungen zur Pflege“, sagte er. Helge Strauß (CSU) erinnerte an die frühere Wiedemann-Kurklinik in ähnlicher Größenordnung. „Es hat funktioniert, mit Zulieferverkehr, mit Leuten bei deutlich höherer Fluktuation als in einem Seniorenstift“, sagte er. Strauß vermisste eine sachliche Diskussion über das Projekt und setzte sich für einen Architektenwettbewerb ein.

Auf Nachfrage der SZ kündigte Bürgermeister Michael Grasl (FW) an, Anfang kommender Woche einen Termin für eine Bürgerversammlung zum Seniorenstift zu veröffentlichen. Das KWA werde über das Projekt informieren, die Anwohner könnten ihre Bedenken äußern. Noch müsse der Gemeinderat einen Aufstellungsbeschluss für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan als Voraussetzung für das Seniorenstift fassen. Er störte sich an der aus seiner Sicht teils maßlosen Kritik. Grasl deutete an, dass dies womöglich die Entscheidung gegen einen Architektenwettbewerb gefördert habe.