Weg für Seniorenwohnstift ist frei

Übervolles Haus: Dutzende Bürger wollten die Gemeinderatssitzung im Münsinger Rathaus am Dienstagabend live verfolgen. Viele von ihnen mussten rund zwei Stunden lang stehen – es gab zu wenig Sitzgelegenheiten. Foto: Hans Lippert
Das KWA-Seniorenwohnstift in Ambach (Gemeinde Münsing) kann gebaut werden. Der Gemeinderat votierte am Dienstag mehrheitlich für das Projekt. Gleichzeitig sprach er sich gegen einen Architektenwettbewerb aus.

von Tanja Lühr, Isar Loisachboten vom 9. März 2017

Münsing – Warum die Sitzung, von der zu erwarten war, dass sie sehr gut besucht sein würde, nicht im Gemeindesaal stattfand, sondern im Rathaus, blieb ein Rätsel. Zahlreiche Bürger mussten mangels Sitzplatz rund zwei Stunden lang stehen. Viele verfolgten die Diskussion über das geplante Seniorenwohnstift auf dem Wiedemann-Areal vom Foyer aus. Unter ihnen der Schauspieler und Fischmeister-Wirt Josef Bierbichler und der Schriftsteller Anatol Regnier. Die Vorstandsriege des Ostuferschutzverbands (OSV) und die Sprecher der Initiative Ambach waren ebenso zugegen wie die beiden Vorsitzenden des Kuratoriums Wohnen im Alter (KWA).

Vor sich auf den Tischen liegen hatten die 16 Gemeinderäte Image-DVDs der Stiftbetreiber in spe und Empfehlungsschreiben von Kerstin Schreyer, Intergationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, sowie von Bürgermeister Christian Köck aus Rottach-Egern, wo es bereits ein KWA-Stift gibt. Rechtsanwalt Georg Spieß und Städteplaner Christian Weigl gingen auf die baurechtlichen beziehungsweise architektonischen Aspekte des Vorhabens ein. Münsings Bauamtsleiter Stephan Lanzinger erklärte, aus Sicht der Verwaltung könnte auf einen Architektenwettbewerb verzichtet werden. Es gebe keine Gewähr, dass dieser ein besseres Ergebnis bringe als der Testentwurf Weigls.

In der Debatte kamen Gegner und Befürworter innerhalb des Gemeinderats ausführlich zu Wort. Prof. Matthias Richter-Turtur (Liste Ammerland), Ursula Scriba (Bürgerliste) und Heinz Schreiner (SPD) hätten die Entscheidung lieber vertagt. Ein entsprechender Antrag wurde abgelehnt. Die drei stimmten grundsätzlich gegen das Wohnstift: zu massiv, zu viele Menschen, zu viel Verkehr. Scriba las den Brief einer älteren Bürgerin vor, die schreibt: „Ganz Ambach wäre ein Seniorenheim.“ Ernst Grünwald (Liste Ammerland) hielt dagegen, er sehe das Stift als Chance, die Ruinen des ehemaligen Wiedemann-Sanatoriums zu beseitigen. Ernst Ramerth (Gruppe Holzhausen) und Helge Strauß (CSU) äußerten sich positiv, plädierten aber für einen Architektenwettbewerb. „Die Bedenken vieler Ambacher könnten durch Alternativvorschläge womöglich ausgeräumt werden“, sagte Ramerth.

Gegen einen Architektenwettbewerb stimmten elf der 17 Räte. Das Votum überraschte Bürgermeister Michael Grasl, wie er sagte – wenngleich ein Weiterplanen auf Basis des Testentwurfs natürlich der einfachere und schnellere Weg für die Gemeinde sei. Von einer „bitteren Entscheidung“ sprach Rätin Scriba, gleichzeitig OSV-Vorsitzende: „Einen Wettbewerb wären wir den Ambachern schuldig gewesen.“

Die Gemeinde wird nun nach einer öffentlich Infoveranstaltung einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Areal aufstellen – „das engste Korsett für den Investor“, wie Anwalt Spieß erklärte. Mit einem Satzungsbeschluss rechnet Grasl heuer nicht mehr. Nach dem Votum des Rates kann KWA den Bauantrag für das Wohnstift einreichen. Den Plänen zufolge sollen rund 80 Wohnungen, Restaurant, Kiosk, Schwimmbad und Versammlungsräume entstehen. Sebastian Wiedemann, Sprecher der Initiative Ambach, sagte nach der Sitzung, er denke über ein Bürgerbegehren gegen das Vorhaben nach.