von Tanja Lühr, Isar Loisachbote vom 19. Juli 2018
Münsing– Bis nach der Sommerpause – die nächste Sitzung findet am 28. August statt – haben die Münsinger Gemeinderäte Zeit, sich alle 32 Stellungnahmen von Bürgern zum geplanten Seniorenwohnstift in Ambach zu Gemüte zu führen. Wie berichtet waren die beiden zur Auswahl stehenden Modelle der Architekturbüros Matteo Thun sowie Beer, Bembé, Dellinger zwei Wochen lang im Rathaus ausgestellt. Nach Ablauf der Frist für Stellungnahmen vergangenen Freitag gingen noch einmal über 20 schriftliche Äußerungen bei der Gemeinde ein.
„Weit überwiegend wird der Entwurf von Beer, Bembé, Dellinger favorisiert“, berichtet Bürgermeister Michael Grasl gegenüber unserer Zeitung. Das Büro schlägt sieben Einzelhäuser mit Wohnungen, gruppiert um einen Anger vor. Es werde eine Reduzierung der von beiden Architekten vorgesehenen rund 80 Wohnungen angestrebt, die Stellplätze würden als nicht ausreichend angesehen, fasst Grasl die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
In der Ratssitzung am Dienstag, in der Grasl das Heft mit den Bürgerkommentaren an die Ratsmitglieder übergab, betonte er, dass man diese ernst nehmen werde. „Es ist keine einfache Abwägung, die uns bevorsteht“, sagte der Bürgermeister. Der Vorhabensträger, das Kuratorium Wohnen im Alter (KWA), müsse sich ebenfalls zu den Punkten äußern. Bei der Entscheidung werde die Gemeinde „ohne Zeitdruck vorgehen“. Ob es am 28. August einen Beschluss geben wird, steht noch nicht fest. tal
Stellungnahme zum Workshop Stufe 2 Bebauung des ehemaligen Wiedemanngeländes durch das Kuratorium Wohnen im Alter für Seniorenwohnungen
Vorab sei der Gemeinde mein Dank ausgesprochen für die professionelle, sehr gut organisierte Durchführung des Workshop Verfahrens, für die Vorbereitung eines Qualifizierten Bebauungsplanes für Seniorenwohnungen in Ambach.
Die ausgewählten, erfahrenen und renommierten Architekturbüros zeigten Planungsvorschläge, die eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Aufgabenstellung und dem Gelände zeigen konnten.
Zu den zwei in der Entscheidungsphase verbliebenen Entwürfen der Büros Matteo Thun, Mailand
und Beer Bembe Dellinger, Greifenberg am Ammersee:
Städtebauliche Einordnung
Bei den Planungsvorschlägen zeigten die Modelle, wie sich die 2 Entwürfe in die Ambacher Villenstruktur einfügen:
MT Architekten hatten sich das bäuerliche Langhaus als Thema gesucht und in dem östlichsten Gebäude im „Footprint“ des Klinikgebäudes die Hauptmasse ihrer Bebauung konzentriert. Der Großteil der Wohnungen blickt auf den Starnberg.er See, 16 Wohnungen auf den Wald, schade.
2 weitere nord-südlich verlaufende Baukörper ducken sich unter Grasdächern. Die langgestreckten Baukörper entwickeln im Inneren lange, monotone Flure mit hohem Potential sich zu verirren (hier spricht erlebte Erfahrung).
Die alte Villa ist an die Bebauung angefügt, nicht froh und frei.
BBD suchten sich den Villentypus, der sich locker um eine Mitte gruppiert. Das Waldschlösschen als Alleinstellungsmerkmal ist Entree, Treff und Anziehungspunkt in einem.
Mein Votum gilt dem Vorschlag von BBD. Am Modell lässt sich klar erkennen, wie gut sich dieser Entwurf in die lockere Ambacher Villenstruktur einfügt. Bei dem sorgfältig erarbeiteten Wimpasinger Bebauungsplan wies die Grünplanung ausdrücklich auf die Bedeutung der Durchlüftung hin: Bei uns gilt im Sommer Westwind, im Winter Ostwind. Dies ermöglichen die beweglich erscheinenden Pavillons mühelos. Die Wohnungen in den Häusern weisen von allen Seiten reizvolle Seeblicke auf.
MT
Der Gedanke von Metteo Thun ein bäuerliches Langhaus zu errichten, ist in Ambach überraschend. Die Gemeinde hat lediglich ein längeres Gebäude in Münsing, den Pallaufhof, der in 1 der südlich vorgelagerten neuen Wohnbebauung 2-mal gespiegelt wurde. Sonst ist dieser Typ in unserer Hauslandschaft fremd. Die angesprochene Durchlüftung, die mit der Klimaentwicklung an Bedeutung gewinnen wird, ist mit dem Testentwurf nicht möglich.
Für die umfangreichen Baumaßnahmen wird das Gelände weit aufgerissen werden, weshalb ich davon ausgehe, dass der „ Footprint“ neu gesetzt werden muss. Ein weiteres Argument für den Pavillonentwurf.
Gesunde Planung als Planung, die Bestand haben soll im Sinn der Nachhaltigkeit der Anlage – nach ihrer Fertigstellung soll Ruhe einkehren im Dorf. Kein weiterer Verkauf an andere Investoren, keine Umbauten, keine neuen Versuche auf Ambachs Rücken. Was gebaut worden ist soll Bestand haben für lange Zeit – das ist Nachhaltigkeit.
Dies muss ein sehr hohes Planungsziel sein, insbesondere vor dem Hintergrund, das bei diesem Bauvorhaben Landschaftsverletzungen vorgenommen werden.
Reduktion
Die gezeigten Entwürfe können ohne Einbußen an Funktionalität und Gestalt reduziert werden. Ein Gleichgewicht an Wohnungen und Serviceeinrichtungen soll bestehen. Ich empfehle die Wohnungen erträglich zu reduzieren und (bei MT 1 Geschoß des Mittelgebäudes, bei BBD 1 Geschoß der 3 westlichen Pavillons) diesen Verlust an Effizienz durch den Verzicht auf das Schwimmbad zu
kompensieren. Die Gemeinde Münsing leistet sich eine Beteiligung am neuen Geretsrieder Schwimmbad, das nach Fertigstellung auch frequentiert werden sollte. Ein Shuttle kann hier den Badbesuch mit einem Einkaufstrip nach Geretsried kombinieren .
Funktionale Äußerungen des Kuratoriums
Eine häufige Architektenerfahrung zeigt, dass eine Neuplanung eingefahrene Strukturen durchlüftet, frische Ideen entfaltet. Sehr häufig führt dies zu vehement vorgetragenen Protesten erfahrener Nutzer und Betreiber. Ebenso häufig zeigt sich nach einer Weile, dass neue Abläufe, neue Verknüpfungen un.d bisher unbeschrittene Wege zu neuen Ablauferfahrungen führen, die
optimierend und anregend wirken. Architekten müssen Bauherren manchmal zu Erfahrungen führen.
Deshalb könnte eine Überarbeitungsphase, die BBD bereits begonnen hat, neue wichtige Erkenntnisse bringen: „Herr Schmieder, Herr Schaller: entdecken Sie neue Wege! Bedenken Sie wie Sie in Münsing angefangen haben und wo Sie bereits jetzt stehen.“ Wägen Sie Ihre Einschätzungen ab: EG-Wohnungen gibt es bei beiden Entwürfen, nur hat der MT-entwurf so stark ausgeprägte
Vordächer, dass eine starke Verschattung die Folge ist.
Architektur
Beide Architekten nutzen nachhaltige Materialien wie Holz, Glas und Beton.
Waldschlösschen
BD: Haltung Villa, Treff, Kontemplation, Genuss, Villegiatura
MT: 2 Funktionen mit Restaurant und Tagespflege – schwierige Kreuzungen, Gefahr der Orientierung der Tagespflegebesucher (Gäste sind nicht zu Hause und können sich verlaufen)
Schwimmbad (ein möglicher Verzicht)
BBD Lage beim Waldschlösschen, Ferienstimmung
MT separat gelegen, ungestört Tagespflege: vgl. die Ausführungen von M. Felsch, die den Weg weisen
BBD neue Lage zeigt große Verbesserung – Durchplanung erforderlich
MT im Sockelgeschoß des Waldschlösschens – Problem der Funktionsüberschneidung mit dem darüber liegenden Geschoss {Orientierungsfrage für Senioren, die nicht täglich hier sind) Veranstaltungssaal
BBD guter Bezug zum Restaurant
MT Fensterloser Raum : bedrückend, kostenintensiv durch Lüftung
Zusammenarbeit und Aufmerksamkeit
BBD reagierte sofort auf Kritik
MT sehr wirtschaftliche Reaktionen Anzahl der Wohnungen
BBD 81 WE + 2 Gästezimmer: zu viel!
MT 79 WE + x Gästezimmer: zu viel Bäume
Der wertvolle Baumbestand im SW ist bei beiden Entwürfen gefährdet. Hier sollte eine vertiefte Wertung erfolgen. Eschen können geschlagen werden, andere seltene Baumarten wie Hemlockstannen (mit sehr flachen Wurzeln) erhalten und schützen durch Begleitpflanzung, die den gefährlichen Windangriff am See (Drehwinde drohen, Sturmwaldpflanzung ansteuern) aushalten. Fazit: Das „Ambacher Gefühl“ kann nur mit dem Entwurf von BBD entstehen.
Anregungen: ungelöste Probleme zeitnah angehen
• Zufahrtsstraße zu schmal (vgl. Stellungnahme Herr Krome)
• Rettungswege
• Parkplätze
• Versorgung von Pflegefällen: bereits fehlen im LKR 200 Plätze
• Personalwohnungen: sicher sollte es eine Nachtwache geben
• ÖPNV weiter entwickeln, Shuttle einrichten
• Kosten der sozialen Angebote mit der Gemeinde abstimmen – kleinere Geldbeutel
• Gelände: Steilheit- eigentlich ein Ausschluss Kriterium Schlaganfallklinik: War der baurechtliche Fuß in der Tür ernst gemeint? Skepsis bei den Experten
Wir erwarten eine Klärung dieser Fragen
Ich bedaure, dass kein Ambacher dieses Gelände nach Ambacher Vorstellungen rechtzeitig entwickelt hat. Man könnte sich ein paar locker eingestreute Villen und einen Wohnungsbau (Material Holz) für junge Familien vorstellen.
Und wenn man träumen darf sehe ich eine Einrichtung für Kinder in Ambach, vielleicht in Gesellschaft mit stellvertretenden Großeltern beim Vorlesen und Gesellschaftsspiele spielend.
Ursula Scriba Ammerland, 11.07.2018
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Grasl,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats,
das Angebot, zu den am 26.6. vorgestellten favorisierten Entwürfen für das KWA-Projekt Senioren-Wohnstift Ambach Stellung zu nehmen, will ich gerne nutzen, um Gesamtplanung und Details zu kommentieren.
Ich betrachte das KWA-Projekt nach seinem Nutzen für die Gemeinde Münsing und seiner Auswirkung auf die gewachsene Dorflandschaft. Leider habe ich den Eindruck, dass bei den Entscheidungen der Nutzen des Investors KWA an erster Stelle steht. Mit Mühe ist es gelungen, die Zahl der Wohnungen von 90 auf 80 zu begrenzen. Ihr Versprechen, Herr Bürgermeister, sich um weitere Reduktion der Zahl zu bemühen (zugesagt auf der OSV-Mitgliederversammlung 2017) hat sich nicht in den Beschlüssen des Gemeinderats vom 27.9.17 niedergeschlagen, mit denen der Architektenworkshop beschlossen wurde, dessen Ergebnisse wir nun beurteilen dürfen.
Grundsätzlich ist zu kritisieren, dass mit der geplanten Umwandlung des Sondernutzungs-Gebiets ehem. Kurklinik Wiedemann in ein kommerziell genutztes Wohngebiet mit sehr dichter Bebauung (geschätzte Gfz 1,0) entsteht und ein Signal an Investoren gegeben wird, entsprechend den Regeln von §34 BauGB weitere kommerziell genutzte Flächen in der Nachbarschaft in ähnlicher Bebauungsdichte zu fordern und gerichtlich durchzusetzen. Diese Konsequenz sollten Sie sehen und die Bürger darüber aufklären. Außerdem nehmen Sie einen Bevölkerungszuwachs in Ambach von ca.120 Personen in Kauf. Viele Senioren kommen von weit außerhalb. Sollten sie pflegebedürftig werden, sind Pflegeplätze im Landkreis gefragt – also eine zusätzliche Belastung.
Sie haben es am 27.9.17 versäumt, mit Ihrem gemeindlichen Einvernehmen zu der vom KWA ebenfalls beantragten Umwandlung der Kurklinik in eine Schlaganfall-Rehaklinik (Schwerpunkt) eine Abwägung der Vor- und Nachteile der Klinik-Lösung gegenüber der Wohnstift-Lösung durchzuführen. Sie hätten der KWA signalisieren können, dass Sie die Kliniklösung bevorzugen, weil mit der Kliniklösung der Sondernutzungs-Status für die Grundstücke erhalten bliebe und die o.g. Auswirkung auf die Nachbarschaft verhindert würde.
Ihre Annahme, Herr Bürgermeister, die Kliniklösung würde „sicherlich“ zu umfangreicheren Verkehrsbewegungen führen als ein Wohnstift, entgegne ich, dass Wohnstift-Insassen ihre Fahrzeuge evtl. täglich nutzen werden solange sie können, um zu externen Veranstaltungen und Unternehmungen rauszukommen und ihre Verbindungen zur Außenwelt aufrecht zu erhalten, während Schlaganfall-Patienten nicht fahren dürfen. Natürlich findet in der Rehaklinik ein Kommen und Gehen von Patienten statt und natürlich erfordert eine Klinik etwas mehr Personal als ein Wohnstift, aber verkehrsmäßig wird nicht viel Unterschied sein.
Es war auch die Rede von geringen Überlebenschancen einer Rehaklinik in Ambach unter Hinweis auf die geschlossene Schönklinik in Kempfenhausen. Dazu ist zu sagen, dass das KWA vierzig Jahre Erfahrung mit seiner Rehaklinik in Bad Birnbach hat. KWA kann den Heiminsassen aus ganz Deutschland bei entsprechenden Erkrankungen die Reha in Ambach empfehlen. Ein engagiertes Team schafft es auch, die notwendigen guten Bewertungen in den Internet-Foren zu erreichen.
Sicher wären mit der KWA-Kliniklösung auch Vereinbarungen möglich, die von der Gemeinde Münsing gewünschte Tagespflege und evtl. auch Kurzzeitpflege zu realisieren.
Stellungnahme zu den Entwürfen Matteo Thun und Beer Bembé Dellinger
Beiden Entwürfen gemeinsam ist die Überschreitung der Grenze von 80 Wohneinheiten. Kein Gemeinderat hat dies beanstandet. Beer Bembé Dellinger hat gar noch Erweiterungsmöglichkeiten am Piloty-Weg skizziert.
Beide Entwürfe bieten, wie in der GR-Sitzung am 26.6.18 vorgestellt, als Parkflächen je 50 TG-Stellplätze und 12 Plätze im Freien an. Diese dürften schon von den Insassen belegt sein. Hinzu kommt Bedarf für Personal und Besucher. Bei Veranstaltungen im Wohnstift, die auch von der Öffentlichkeit genutzt werden, werden wesentlich mehr Plätze gebraucht (s. Erfahrungen mit der Seeresidenz Alte Post, Seeshaupt, die nebenbei auch als Hotel und Restaurant genutzt wird).
Entwurf Matteo Thun:
Thun begründet seine Lösung mit den in der Gemeinde vorhandenen langgestreckten Bauernhäusern als Modell. Bauernhäuser von 50 m Länge sind jedoch nicht anzutreffen. Hiesige Bauernhäuser incl. Stall und Scheune begnügen sich eher mit der halben Länge. Außerdem unterscheiden sie sich bezüglich der Dachformen und Fassadengestaltung wesentlich von der Version Thun. In der von Thun vorgeschlagenen Bebauungsdichte erinnert das Ganze eher an Massen-Viehhaltung, die erfreulicherweise im Bereich Münsing nicht zu finden ist. Auf keinen Fall vertragen sich die Thun-Bauten mit den im Rahmenplan beschriebenen benachbarten Villenkolonien. Sie stellen einen Riegel gegen die vorherrschende Windrichtung dar.
Die freie Sicht in Richtung See haben allenfalls die Bewohner des oberen Stockwerks der oberen Gebäude. Die darunter Wohnenden blicken auf begrünte Dächer, die bei Starkregen das Wasser bis vor die Terrassen des oberen Gebäudes leiten. Die Bauten sind innen wie außen langweilig. Abwechslung bietet nur der Gang ins Restaurant (Waldschlössl), den Tagungsraum oder das Schwimmbad und – wie oben erläutert – das Wegfahren mit dem eigenen Auto.
Entwurf Beer Bembé Dellinger:
Wesentlich besser fügen sich die Pavillons des Entwurfs Beer Bembé Dellinger in die Umgebung mit den benachbarten Villen ein. Für die Bewohner erfreulich, mit Fenstern und Balkonen vorwiegend nach Osten, Süden und Westen orientiert. Herr Schmieder von der KWA kritisiert die fehlende Privatheit von Balkonen, auf denen die Bewohner evtl. den Blicken anderer ausgesetzt sind. Das darf man nicht überbewerten, denn so nah stehen die Pavillons ja nun auch wieder nicht zusammen.
Zusammenfassung:
Die Wohnstift-Lösung ist die schlechtere Lösung. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan sollte nicht aufgestellt werden.
In der Gesamtbewertung der Wohnstift-Lösung schließe ich mich dem Urteil von Sebastian Wiedemann an. Der Gemeinderat wird gebeten darauf hinwirken, dass KWA die Zahl der Wohneinheiten auf 60 reduziert. Ein Bürgerbegehren einerseits und ein Ratsbegehren andererseits würde die Dorfgesellschaft entzweien.
Wenn die Wohnstift-Lösung unausweichlich ist, dann sollte eine Lösung entsprechend dem Entwurf Beer Bembé Dellinger bevorzugt werden.
Manfred Stecher, Ammerland, Schatzmeister, Vorstand OSV 11. Juli 2018
Stellungnahme Vorstandsmitglieder OSV zu den Entwürfen Matteo Thun und Beer Bembé Dellinger
Beide Entwürfe sind überdimensioniert, weil als Sollgröße mindestens 80 Wohnungen vorgegeben worden sind. Diese Anzahl kann auf dem Gelände nicht bewältigt werden, wenn die Landschaft im Außenbereich geschützt werden soll. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung ist bis heute nicht vorgelegt worden. Nur anhand einer solchen Berechnung lässt sich die Mindestzahl der Wohnungen feststellen.Die Verwirklichung beider Entwürfe ist nach dem Abbruch der Ruinen der Wiedemann-Klinik mit schweren Eingriffen in die Kulturlandschaft Starnberger See verbunden.Im Ergebnis entsteht eine neue Wohnsiedlung im Außenbereich am Ostufer des Starnberger Sees.
Die Realisierung eines dieser Entwürfe durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan ist ein Signal an Investoren, dass mit großer Energie und politischer Rückendeckung kommerzielle Wohnbauprojekte im Außenbereich am Ostufer des Starnberger Sees durchgesetzt werden können.
Bei der Binnendifferenzierung zwischen beiden Entwürfen ist zu erkennen, dass der Entwurf Beer Bembé Dellinger sich stärker bemüht, den Fremdkörper „Wohnanlage“ in die Landschaft einzufügen, wie es offenbar den Planungsvorgaben entspricht. Diese Bemühung scheint dem Entwurf aber zum Verhängnis zu werden. Wie bereits vom Bürgermeister und den Meinungsführern im Gemeinderat signalisiert wurde, wird der Entwurf Matteo Thun bevorzugt, weil dieser stärker den Bedürfnissen der KWA entspricht. Dieser Entwurf hat eine fatale Ähnlichkeit mit dem ursprünglichen Entwurf der KWA, dessen Unverträglichkeit mit den Zielen des Landschaftsschutzes von Sebastian Wiedemann eindrucksvoll demonstriert wurde.
Die einzige tatsächliche Alternative wurde nicht vorgestellt. Sie besteht in dem Bauantrag der KWA für eine Rehabilitationsklinik für Schlaganfallpatienten oder sonstige geriatrische Patienten, zu welchem der Gemeinderat bereits sein Einvernehmen erklärt hat. Dieser Bauantrag will die Ruinen der Wiedemann-Klinik weitest möglich nutzen und eine Bruttogeschossfläche von maximal 12.000 m² verwirklichen. Die Baumaßnahme würde also weniger eingreifend ausfallen; der Baumbestand würde stärker geschont. Der Fremdkörper „Kursanatorium und Gesundheitszentrum“ im Außenbereich bliebe zwar erhalten, es würde aber kein neues Wohn-Dorf geschaffen. KWA hat das Projekt einer Reha-Klinik mit 95 Betten im Bauantrag als „wirtschaftlich“ bezeichnet. Es gibt keinen Grund, an dieser Aussage zu zweifeln. Auch andere Rehabilitationskliniken, die sich an Privatpatienten wenden, werden im Landkreis erfolgreich betrieben. Aus dem großen Kreis wohlhabender Senioren, welche bei KWA wohnen, dürfte ein entsprechender Bedarf entstehen.
Gemäß § 1 Abs. 3 BauGB soll die Gemeinde einen Bebauungsplan aufstellen, sobald und soweit dies erforderlich ist.
Der Eigentümer hat mit dem Einvernehmen der Gemeinde einen Bauantrag auf Errichtung eines „Kursanatoriums mit Gesundheitszentrum“ gestellt. Dieser Antrag beruht auf einem bestandskräftigen Vorbescheid und entspricht dem Flächennutzungsplan, welcher ein „Sondergebiet Klinik“ im Außenbereich ausweist. Wieso ist dann ein Bebauungsplan erforderlich? Dass dem Eigentümer eine Luxus-Wohnanlage im Außenbereich lieber ist, macht einen Bebauungsplan nicht erforderlich.
Die „Nachfolgenutzung“ für das Ruinengrundstück ist konkret beantragt und wird genehmigt. Ein Bebauungsplan nach den Wünschen des Eigentümers ist überflüssig.
Nach dem Rahmenplan der Gemeinde soll ein Bebauungsplan „nur im Notfall“ aufgestellt werden. Worin besteht der Notfall?
Der Ostuferschutzverband hat sich dagegen ausgesprochen, einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan zur Errichtung einer Wohnanlage mit 80 Wohnungen im Außenbereich aufzustellen. KWA sollte als Grundstückseigentümer darauf verwiesen werden, das Baurecht für die Wiederherstellung und den Betrieb eines „Kursanatoriums mit Gesundheitszentrum“ weiterzuverfolgen. In diesem Rahmen können auch Tagespflegeplätze und Mitnutzung anderer Einrichtungen (Schwimmbad, Veranstaltungsraum) für die Gemeindebürger eingerichtet werden.
Wenn die Gemeinde den Bebauungsplan nach Wunsch von KWA erlässt, entsteht ein Planungsgewinn in Millionenhöhe. Denn ein Wohnbaugrundstück, auf dem 12.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche in 1a-Lage am Starnberger See errichtet werden können, dürfte nach Bauträgerkalkulation ca. 20 bis 25 Millionen Euro wert sein. Bezahlt hat KWA für das Ruinengrundstück im Außenbereich „Sondergebiet Klinik“ ca. 6 Millionen Euro.
Was tut die Gemeinde, um diesen Planungsgewinn für die Bürger nutzbar zu machen? Wird beispielsweise die Hälfte der Wohnungen Gemeindebürgern zu Sozialwohnungsmieten überlassen, darunter auch jungen Familien?
Wie viel Tages- und Kurzzeitpflegeplätze werden zu festgelegten Bedingungen an die Gemeinde überlassen?
Ohne Klärung dieser Fragen macht die Gemeinde ein Millionengeschenk an einen Immobilieninvestor. Das widerspricht einer sozialen Bodennutzung, wie sie die Bayerische Verfassung fordert.
Andere Gemeinden machen von der Möglichkeit, einen Planungsgewinn abzuschöpfen, energisch Gebrauch.
Johannes Umbreit, Manfred Stecher, Petra Schulze, Gustav Neumeister 13.7.2018
Entwürfe zum KWA Wohnstift in Ambach
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Grasl,
sehr geehrte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte,
da Sie die Bürger aufgerufen haben, sich an einem Meinungsbild zu den Entwürfen des KWA Wohnstiftes in Ambach zu beteiligen, möchte ich folgende Anregungen beitragen.
In den Gesprächen mit dem Vorstand und den Aufsichtsräten der KWA und bei der Bürgerversammlung zur Bebauung in Ambach habe ich immer wieder betont, dass das Seniorenpolitische Gesamtkonzept einen großen Bedarf an Tagespflege für unseren Landkreis benennt.
Bei der Besichtigung des KWA Stiftes Rupertihof in Rottach-Egern wurde mir die Tagesbetreuung als eine der neuesten Angebote für die Bewohner und Bürger des Tegernseer Tales vorgestellt.
In dem Planentwurf von Matteo Thun konnte man sehen, dass man in Ambach Räumlichkeiten dafür vorsieht. Aber auch hier ist nur von einer Tagesbetreuung die Rede.
Ich möchte noch einmal aufzeigen, dass die Tagesbetreuung ein niedrigschwelliges Betreuungsangebot gem. § 45 SGB XI ist. Bei Inanspruchnahme dieser Leistungen besteht nur die Möglichkeit finanzieller Unterstützung durch die Pflegekassen. Wenn der Angehörige eine Pflegestufe hat (I, II oder III) oder eine Demenz, geistige Behinderung oder eine psychischen Erkrankung diagnostiziert wurde, besteht danach ein Anspruch auf Unterstützung in Höhe von 104 € (Grundbetrag) bzw. 208 € (erhöhter Betrag) pro Monat. Deshalb reichen zum Beispiel der vorgenannten Beträge in der Regel höchstens für einen Betreuungstag im Monat. Weitere Kosten wie z.B. für die Tagesbetreuung tragen die Angehörigen dagegen selbst.
Die Tagespflege ist eine Leistung der Pflegekassen. Neben der Geld-/Sachleistung und den Entlastungsleistungen, gibt es ein eigenes Budget von der Pflegekasse nur für Tages- und Nachtpflege. Dieses Geld gibt es zusätzlich je nach Pflegegrad in gleicher Höhe wie die Sachleistung.
Voraussetzung für die Tagespflege ist ein Versorgungsvertrag des Anbieters mit dem Verband der Pflegekassen. Der Tagessatz wird durch den Anbieter mit den Kassen und dem zuständigen Sozialhilfeträger (Bezirk Oberbayern) verhandelt.
Für die Tagespflegeeinrichtungen gibt es ein festes Raumprogramm, angelehnt an die Empfehlungen des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA). Eine Überprüfung des laufenden Betriebes durch den MDK ist vorgesehen, mit entsprechenden Dokumentationsvorgaben.
Ein weiterer wichtiger zu klärender Punkt ist, wieviele Tagespflege- oder Betreuungsplätze das KWA in Ambach einrichten möchte? In Rottach-Egern sind es 10 Tagesbetreuungsplätze, 5 sind für die Stiftsbewohner vorgesehen, 5 für externe Bürger des Tegernseer Tales.
Für Angehörige ist die Finanzierung der Tagespflege deshalb wesentlich besser, insbesondere bei höheren Pflegegraden. Dagegen bietet die Tagesbetreuung dem Anbieter mehr Freiheiten in der Gestaltung seines Angebotes.
In unserem Landkreis gibt es erst zwei Einrichtungen für Tagespflege (außer in einigen Seniorenheimen), die die Zulassung der Pflegekassen erhalten haben und zwar in Bad Tölz und in Geretsried und im Nachbarlandkreis das Haus Tiefental in Seeshaupt.
Deshalb bitte ich Sie darauf zu achten, dass auch für das Ostufer des Starnberger Sees für unsere pflegebedürftigen Senioren und zur Entlastung der Angehörigen ein entsprechendes Angebot in Ambach als Tagespflege und nicht als Tagesbetreuung eingerichtet wird.
Die neue Bayerische Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, Frau Kerstin Schreyer ist auch Mitglied des Aufsichtsrates des KWA und wird dieses Projekt hoffentlich von der politischen Seite her unterstützen.
Hinweisen möchte ich auch darauf, dass ein besonderer Bedarf für Betreutes Wohnen für Senioren im Hochpreissegment im Seniorenpolitischen Gesamtkonzept des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen nicht benannt wird.
Zu den Entwürfen wurden bereits von verschiedenen Gutachtern für Architektur und Landschaftsgestaltung Stellungnahmen abgegeben.
Ich fände es sinnvoll beide Entwürfe auch noch einmal auf ihre Senioren- und Alltagstauglichkeit von der Fachstelle für Seniorenpolitik, Seniorenplanung und Bedarfsfeststellung begutachten zu lassen. Herr Thomas Bigl und Frau Christiane Bäumler, sowie der Behindertenbeauftragte des Landkreises, Herrn Ralph Seifert sind da sicherlich kompetente Ansprechpartner.
Das Modell der Architekten Beer, Bembé und Dellinger entspricht aus meiner Sicht viel mehr dem im Rahmenplan gewünschten Villencharakter und könnte sich somit in Ambach besser einfügen. Ein Wohnstift kommt durch seine fehlende Infrastruktur in Ambach aber vor allem für Senioren in Frage, die als „Silversurfer“ mitten im Leben stehen, aktiv sind und deshalb die freistehenden Häuser einem „Heimcharakter“ vorziehen werden.
Für den Fall, dass das Wohnstift wegen fehlender Rentabilität wieder aufgegeben werden muss, ist eine Vermarktung der einzelnen Häuser sicherlich besser gegeben. Dadurch besteht für die Bewohner eher die Möglichkeit „ihr“ Haus zu kaufen und damit die bestehenden Hausgemeinschaften in kleinen WEGs beizubehalten.
Herr Horst Schmieder, Vorstandsmitglied der KWA hat bei der Präsentation der beiden Entwürfe betont, dass das Wohnstift in Ambach fast ausschließlich von Senioren aus der nahen Umgebung bewohnt werden wird.
Ich fände es sinnvoll, wenn dies dann auch im Bebauungsplan durch eine gewisse Quote von Einheimischen, die dieses Wohnstift beziehen sollen, festgeschrieben wird. Der dadurch frei werdende Wohnraum könnte somit dem dringenden Wohnbedarf junger Familien in unserer Region zu Gute kommen.
Mechthild Felsch Seniorenbeirätin und Kreisrätin des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen 05.07.2018
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats,
vielen Dank für die Möglichkeit, zum Stand des Verfahrens in Sachen Neunutzung des ehemaligen Kurgeländes Wiedemann in Ambach Stellung zu nehmen. Für mich sind beide der am 26. Juni vorgestellten Architektenentwürfe auf ihre Art überzeugend. Dass sie nach Meinung vieler Bürgerinnen und Bürger immer noch deutlich zu groß sind, dürfte Ihnen bekannt sein und wurde von Sebastian Wiedemann in seiner Stellungnahme auch aus Architektensicht noch einmal eindringlich dargelegt. Ich schließe mich dieser Meinung an. Eine Reduzierung auf 60 Wohnungen würde die Akzeptanz des Projekts in der Bevölkerung steigern und für weniger Unmut sorgen.
Aber auch in reduzierter Form kann ich mir nicht vorstellen, dass auf dem Ambacher Wiedemann-Gelände ein Seniorenstift erfolgreich betrieben werden kann. Das Gelände liegt bekanntlich auf der Höhe. Um ins Dorf zu gelangen, muss man den Berg hinunter und auf dem Nachhauseweg wieder hinauf. Das ist für Menschen mit Herzbeschwerden schwierig bis sehr schwierig, für Seniorinnen und Senioren mit Gehbehinderung oder Gehwagen eine Unmöglichkeit. Verlegen sie ihren Lebensmittelpunkt dorthin, werden sie sich mehrheitlich damit abfinden müssen, dass sie für jedes Verlassen des Geländes, für jeden kleinen Ausflug, und sei es auch nur, um einen Kaffee bei Huber zu trinken oder den Dampfersteg zu besuchen, motorisierten Transport benötigen. Das ist für mich das Gegenteil eines selbstbestimmten Lebens, eine Art qualvoller Abhängigkeit und Enge, die ich niemandem wünsche. Ohne Abwechslung wird auch die schönste Umgebung zum Gefängnis. Ich frage mich, wie das „Kuratorium Wohnen im Alter“ diesen zentralen Aspekt außer Acht lassen kann. Bei der Versammlung vom 26. Juni fand er mit keinem Wort Erwähnung. Wie stellt man sich die Lösung eines Problems vor, das nicht zu lösen ist? Kein noch so ausgeklügelter Architektenentwurf kann die Lage des Objekts ändern – und wie alle Menschen werden auch die Seniorinnen und Senioren, die dort wohnen sollen, mit jedem Jahr älter. Deshalb noch einmal: Ein Seniorenstift auf dem Ambacher Wiedemann-Gelände ist aus meiner Sicht ein Unding, das nicht funktionieren kann. Eine Stellungnahme des „Kuratoriums Wohnen im Alter“ hierzu würde mich interessieren.
Ganz anders stellt sich die Lage dar, wenn die Einrichtung nur für eine begrenzte Zeit genutzt wird. Für eine Klinik oder Reha- oder Erholungszentrum sind die Bedingungen ideal. Ruhe und Abgeschiedenheit sind ein Bonus, und für ein paar Wochen lässt sich jeder gern chauffieren. Die oft erwähnte Schlaganfall-Klinik scheint im Gemeinderat skeptisch beurteilt zu werden, und bei der Mitgliederversammlung des OSV am 6. Juli haben sich auch Mediziner dagegen ausgesprochen. Trotzdem würde ich der Gemeinde und dem KWA raten, neu zu überlegen und nach Möglichkeiten zu suchen, die unbestreitbaren Vorzüge des Geländes zu nutzen, anstatt auf einem Projekt zu beharren, das mit seiner Topographie unvereinbar ist. Vielleicht gibt es Ideen, an die bisher niemand gedacht hat, die zum Erfolg führen und gleichzeitig das Dorf befrieden. Es wäre nicht das erste Mal, dass aus der Not eine Tugend erwächst. Die vorgestellten Architektenentwürfe wären in modifizierter Form sicherlich weiter verwendbar.
Anatol Regnier Seeuferstraße 19 82541 Münsing-Ambach 07. Juli 2018
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Grasl,
sehr geehrte Damen und Herren des Gemeinderats,
liebe Ambacher und interessierte Bürger der Gemeinde,
zunächst vielen Dank für die Aufforderung an die Bürger und interessierten Anwohner sich zu den beiden Favoritenentwürfen für das Projekt KWA / Ambach zu äussern.
Es stehen nun zwei Entwürfe zur Auswahl, die in Ihrem Ansatz, Funktion und in Ihren Auswirkungen sehr unterschiedlich sind. Neben den Interessen des Investors nach bestmöglicher Verwirklichung seiner Ziele, sind es von Bürgerseite insbesondere die Fragen nach der Verträglichkeit für den Ort, und Rücksicht auf Landschaft und Natur, die wichtig sind. Diese Gesichtspunkte sollten für die Gemeinde vordringlich Grundlage der Entscheidung sein, da es nicht ausschliesslich um die Interessen des Investors geht, sondern um eine langfristige und umfangreiche Entscheidung für den gesamten Ort.
Zu dem Konzept von Büro Matteo Thun:
Zunächst fällt auf, dass einige Strukturen der ursprünglichen Planung von 2016 in diesem Entwurf aufgegriffen werden – funktional mag der Entwurf also nahe an den Vorstellungen des Betreibers liegen. Aussagen zu Bauzeit und inwiefern eine solches Projekt mit „Null Kilometern und Null Emmission“ umzusetzen ist, sollte genau betrachtet werden. Ob ein „Bauernhof“ das richtige Motiv für einen Gebäudekomplex dieser Grössenordnung ist, kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Die Hanghäuser erscheinen auf dem Lageplan als Landschaftsbestandteil – trotz der Ausstattung mit einem Gründach sollte aber bewusst bleiben, dass es sich um eine mehrgeschossige Bebauung handelt. Welche Qualität eine solche Hangbebauung hat – nur einseitig belichtet und durch lange unterirdische Gänge erschlossen – sollte nicht zuletzt der Betreiber hinterfragen.
Wie aber setzt der Entwurf die Massgaben des Wettbewerbs und Anliegen in Bezug auf die sensible Lage um? Neben den Haupthäusern, die dieser Dimension blockhaft wirken, gibt es eine doppelte Bebauungszeile als „Hangarchitektur“, deren Integration in den Hang nicht gelingt. Hier wird eine unnatürliche Hilfskonstruktion erforderlich: Anschüttungen entgegen der Topografie mit einem bis zu 4m hohen Gegenhang. Die Ausdehnung der Anlage geht weit nach Süd-Westen in Richtung des geschützten Baumbestands. Hier ist im Plan zwar ein weitgehender Erhalt vorgesehen – in Anbetracht der Baumassnahme und der Nähe zu diesem Biotop müsste aber die Motivation sehr gross sein, diese Bäume auch wirklich zu erhalten. In einem Bebauungsplan müssten diese Bäume jedenfalls effektiv geschützt werden!
Feststellen lässt sich, dass dieser Entwurf es nicht schafft das Raumprogramm von 80 Wohnungen auf dem Grundstück verträglich und schonend umzusetzen – in erster Linie bedingt durch die Grössenordnung der Gesamtanlage. Unter Verzicht auflediglich 12 Wohnungen könnte die unterste Hangbebauung entfallen, die mittlere könnte etwas nach unten rücken. Dadurch würde die Gesamthöhe reduziert und die Hangbebauung in den Hang integriert werden. Ein offener Park würde statt eines Gegenhangs entstehen und die versiegelte Fläche wäre reduziert. Ein ausreichender Abstand zu der Baumgruppe sichert deren Bestand. Nicht zuletzt würde auch das Waldschlössl schöner zur Geltung kommen. Eine solche – relativ geringe und sicherlich verkraftbare – Reduzierung hätte in dem vorliegenden Entwurf sehr grosse Auswirkungen auf die Qualität, Verträglichkeit und den Landschaftsschutz des Projekts.
Zu dem Konzept von Beer, Bembe, Dellinger Architekten:
Der Entwurf setzt die Vorgabe einer kleinteiligen Bebauung, soweit dies möglich ist um und arrangiert Einzelhäuser von 16-20m Kantenlänge zu einem Quartier um einen zentralen Innenhof. Die lockere Anordnung vermeidet eine Riegelbildung und öffnet sich nach Süden. Die pavillionartigen Gebäude ist weniger an die althergebrachte Gestaltung angelehnt, bietet dafür ein eigenständiges, freundliches Bild. Die einzelnen Häuser sind in einer Gruppe angeordnet, was einerseits etwas weniger Privatheit bedingt, andererseits wohl das Miteinander und soziale Kontakte fördert. Die Wohnungen in den Einzelhäusern orientieren sich jeweils nach zwei Seiten und werden so gut belichtet. Neben einer unterirdischen Erschliessung, die zu optimieren wäre, gibt es für jedes Haus einen direkten oberirdischen Eingang, von dem aus die Wohnungen schnell und natürlich belichtet zu erreichen sind. Die Anlage von Einzelhäusern ist gut zu erfassen und ermöglicht eine leichte Orientierung.
Auch hier stellt sich die Frage nach den Auswirkungen dieses Entwurfs: Die Einzelgebäude stehen auf einer vermittelnden Ebene, die im Süd-Westen ein weiteres Geschoss erzeugt. In diesen Bereichen sind einige Wohnungen weniger gut und nur einseitig belichtet, sowie teilweise kompliziert erschlossen. Die Ebene darüber wird über eine Rampe in das Gelände geführt, wobei hier und bei dem südwestlichen Souterrain-Wohnungen eine kritische Nähe zu dem Baumbestand festzustellen ist. Ansonsten geht die Anordnung der Gebäude rücksichtsvoll auf den Baumbestand ein und hält ausreichenden Abstand. Allgemein kann man von der weitgehenden Beibehaltung des landschaftlichen Eindrucks ausgehen, wobei die Kleinteiligkeit der Anlage dieses Ziel unterstützt.
Im Ergebnis lässt sich sagen, dass dieser kleinteiligere Entwurf sensibler mit der Situation und dem Baumbestand umgeht. Funktionale Aspekte wären, nach den Wünschen des Betreibers zu optimieren, wofür in dieser Phase des Projekts sicherlich eine Möglichkeit besteht. Problematisch ist aus landschaftlicher und funktionaler Sicht die Souterrainebene in dem die am wenigsten qualitativen Räume entstehen. Eine Reduzierung der Wohnungsanzahl um ca. 10 Wohnungen könnte diese Ebene komplett entfallen lassen und die Höhenentwicklung, die landschaftliche Situation und den Baumschutz verbessern. Zusätzliches Potential diese Situation zu entspannen hätte eine Neuanordnung mit ggf. Zusammenlegung einzelner Baukörper, so dass das Gesamtprojekt bei weiterer Reduzierung eventuell mit einem Gebäude weniger auskommen könnte.
Fazit:
Im Ergebnis lässt sich sagen, dass beide Entwürfe Schwierigkeiten haben die geforderte Baumasse von 80 Wohnungen auf dem Grundstück unterzubringen. Konkret sind es jeweils die letzten 10-12 Wohnungen, durch die ungünstige Situationen geschaffen werden, eine topografische Eingliederung des Gebäudeskomplexes wesentlich erschweren und den Baumbestand gefährden. Mittlerweile gibt es sechs Entwürfe für dieses Projekt, alle in der gleichen Grössenordnung und alle führen zu der Erkenntnis, dass eine solche Baumasse hier nicht verträglich zu planen ist. Der eindringlichen Bitte von vielen Bürgern nach einer Reduzierung des Baumasse – wie sie seit nunmehr seit über zwei Jahren gefordert ist – hat leider bis heute keinerlei Eingang in die Überlegungen gefunden. Dabei zeigt, dass schon eine relativ überschaubare Reduzierung von nur 15% wesentliche Entspannung schaffen und ein qualitatives, ökologisches und geschätztes Projekt ermöglichen kann. Eine (ohnehin notwendige) Überarbeitung mit einer reduzierten Wohnungsanzahl könnte bei beiden Entwürfen wesentliche Verbesserungen für die Situation, die Qualität der Anlage und den Landschaftsschutz bringen und auch die formulierten Zielsetzungen der Gemeinde ermöglichen.
Hiermit wird an den Gemeinderat und den Investor appelliert diese Erkenntnisse und Bitten der Bürger anzuerkennen und in der Konsequenz eine Vorgabe zu machen, weitere Planungen in reduzierter Form zu verfolgen.
P.S.: Die Gutachten der Fachberater sind unter http://www.wohnstift-ambach.de/aktuelles/meldung/datum/2018/06/28/test-5/ nachzulesen – hier sind insbesondere die Stellungnahmen von Herrn Hainz (Kreisbaumeister), Herrn Weigl (Stadtplaner) und Herrn Ufer (Landschaftsplaner) sehr interessant zu lesen. Die Ausstellung im Sitzungssaal ist bis 11.Juli einsehbar – schriftliche Stellungnahmen werden bis 13.Juli erwartet. Wie diese Stellungnahmen dann Bürgern und Entscheidern zugänglich gemacht werden, bleibt abzuwarten.
P.P.S.: Anbei eine Plananalyse des Baumbestands auf Basis des Entwurfs von Herrn Matteo Thun: Bäume, die bereits gefällt wurden, wohl nicht mehr vorgesehen sind, wie die Thuje oder durch sehr geringen Abstand, wie z.B. die beiden grossen Buchen im Südwesten gefährdet oder nach seiner Liste zu fällen sind wurden entsprechend farbig gekennzeichnet.
Vielen Dank und herzlichen Gruß!
Sebastian Wiedemann InitiativeAMBACH Luigenkamerweg 11 82541 Ambach
Stellungnahmen zum Seniorenwohnstift: Der vom Investor favorisierte Entwurf fällt bei den Bürgern durch
VON TANJA LÜHR, Isar-Loisachbote vom 14./15. Juli 2018
Münsing – Zehn Stellungnahmen zu den Plänen für das KWA-Seniorenwohnstift in Ambach sind bei der Gemeinde Münsing eingegangen. Wie berichtet waren die beiden zur Auswahl stehenden Entwürfe der Architekturbüros Matteo Thun sowie Beer, Bembé, Dellinger zwei Wochen lang im Sitzungssaal zur Ansicht ausgestellt. Am Freitag endete die Frist für Stellungnahmen. Bürgermeister Michael Grasl rechnet jedoch noch mit einigen Nachzüglern.
Bisher lasse sich erkennen, dass der Entwurf von Beer, Bembé, Dellinger (BBD) von den Bürgern favorisiert werde. Unserer Zeitung liegen drei Stellungnahmen vor, die sich für diese Variante aussprechen. Während Matteo Thun eher hotelartige, langgezogene Gebäude mit Blick auf den See vorsieht, gruppiert Sebastian Dellinger seine Zeltdachhäuser rund um einen Anger.
Ursula Scriba, selbst Architektin, Vorsitzende des Ostuferschutzverbands und Gemeinderätin, schreibt, das „Ambacher Gefühl“ greife ihrer Meinung nach nur BBD auf. Das Büro orientiere sich an der lockeren Villenstruktur am Seeufer. Dadurch werde eine bessere Durchlüftung gewährleistet, die Bewohner könnten aus allen etwa 80 Wohnungen den Seeblick genießen. Das alte Waldschlösschen, das erhalten und renoviert werden soll, stehe „froh und frei“ als Alleinstellungsmerkmal da und nicht, wie bei Matteo Thun, an die restliche Bebauung angefügt. Bei Thun würden zudem 16 der ebenfalls etwa 80 Wohnungen auf den Wald blicken.
Scriba mahnt bei beiden Plänen eine Reduzierung der Appartments an. Sie schlägt dem Kuratorium Wohnen im Alter (KWA) vor, dafür auf das Schwimmbad zu verzichten und somit Kosten zu sparen. Münsing beteilige sich schließlich finanziell am interkommunalen Hallenbad in Geretsried. Shuttle-Busse könnten die KWA-Stiftbewohner dorthin zum Schwimmen bringen.
Sebastian Wiedemann, Sprecher der „Initiative Ambach“ und von Beruf ebenfalls Architekt, kommentiert den – von KWA favorisierten – Entwurf des Mailänder Stararchitekten Matteo Thun mit den Worten „Alter Wein in neuen Schläuchen“. Er unterscheide sich nicht großartig vom so genannten Testentwurf Christian Weigls aus dem Jahr 2016. „Schade, dass KWA das Potenzial des Wettbewerbs nicht nutzen und sich auf frische Ideen einlassen will“, schreibt Wiedemann.
Mit frischen Ideen meint er die kleinteilige Bebauung von BBD. Die lockere Anordnung vermeide eine Riegelbildung und öffne sich nach Süden, so Wiedemann. Die pavillonartigen Gebäude seien weniger an die althergebrachte Gestaltung angelehnt, wodurch sich ein freundliches Bild ergebe. Dem Argument von KWA, die Privatsphäre sei durch die Blickbeziehungen nicht gewährleistet, setzt der Ambacher entgegen, soziale Kontakte würden dadurch eher gefördert.
Mechthild Felsch, Grünen-Kreisrätin aus Münsing und Seniorenbeirätin des Landkreises, bevorzugt die BBD-Variante, weil sie die Villenstruktur am Ostufer, die auch im Rahmenplan als schützenswert genannt wird, besser nachempfinde. Außerdem könnten die Pavillons im Fall einer Pleite des Seniorenstifts besser als Wohnungen für die Allgemeinheit genutzt werden, schreibt sie. Felsch weist zudem darauf hin, dass KWA statt einer „Tagesbetreuung“, von der bisher die Rede sei, eine „Tagespflege“ anbieten solle. Denn nur dafür gebe es Zuschüsse von den Krankenkassen. Zuletzt bemerkt sie, dass Betreutes Wohnen im Hochpreissegment nicht als Bedarf im seniorenpolitischen Gesamtkonzept des Landkreises auftauche.
Bürgermeister Grasl will nun allen Gemeinderäten die Stellungnahmen zukommen lassen. Wann über den Siegerentwurf entschieden werde, stehe noch nicht fest. „Mir ist es wichtig, dass eine kritische Beleuchtung der Entwürfe und Argumente erfolgt“, betont Grasl. Eine Reduzierung der Wohneinheiten könne er nicht versprechen, auch wenn er in den Gesprächen mit KWA versucht habe, dies durchzusetzen. „Ein Träger muss doch auch wirtschaften können“, findet er. Bei 60 Wohnungen, wie von vielen Ambachern gefordert, spare sich KWA vielleicht den Saal für öffentliche Veranstaltungen oder die Tagespflege. „Dafür muss dann der Gemeinderat den Kopf hinhalten.“ Im Übrigen sei die ehemalige Wiedemann-Klinik auf dem Grundstück mit 145 Betten, 99 Zimmern und durchschnittlich 135 ambulanten und stationären Patienten für die Bevölkerung nie ein Problem gewesen.
Ein neues Buch über die Tutzinger Baumeisterfamilie Knittl und historische Bauten am Starnberger See
Vor drei Jahren stieß eine Ausstellung im Ortsmuseum in Tutzing unter dem Titel: „Knittl, Baumeister, Tutzing – Häuser und Villen am Starnberger See“ auf großes Interesse. Die Kuratorin Stefanie Knittl veröffentlicht nun ein mit Zeitdokumenten und Fotografien ausgestattetes Buch über die Baumeisterfamilie Knittl (1872-1987), ihre Häuser und Villen sowie über die Menschen, die in ihnen wohnten. In den beiden Tutzinger Buchhandlungen ist das Buch bereits erhältlich.
Stefanie Knittl dokumentiert auf 300 Seiten mit 345 Abbildungen das historische Bauen am Beispiel von mehr als 200 Häusern. Erzählt wird Orts-, Regional- und Architekturgeschichte, aber vor allem die Geschichte des Wohnens und Lebens am Starnberger See über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrhundert. Die Baumeisterfamilie war verzweigt, so dass Bauten nicht nur in Tutzing entstanden, sondern auch in Feldafing, Seeshaupt, Pöcking, Bernried, dem Ostufer und anderen Schauplätzen im Voralpenland.
„Wichtig war mir, Einblick in das gesellschaftliche Leben zu geben und die Hintergründe aufzuzeigen, warum man heute anders baut und ein altes Haus nicht einfach nachgebaut werden kann“, erklärt Stefanie Knittl. Darüber, wie die veränderten Bedürfnisse der Gesellschaft die Architektur verändert haben, und wie Erfolg und Ende des einst größten Baugeschäfts am Starnberger See verlaufen sind, erfahren Sie in einem interessant gestaltetem Buch, das viele persönliche und zwischenmenschliche Blickwinkel aufzeigt und die noch vielen „kleinen“, bisher eher unbekannten Geschichten der Bewohner dieser Häuser erzählen. In diesem Sinne kein klassisches Heimatbuch.
Erhältlich ist das Buch für 39,80 Euro in den Tutzinger Buchhandlungen sowie nach Bestellung auf www.villaknittl.de. und jetzt auch bei „Mein lieber Schwan“, Hauptstraße 6 in Münsing
Das Erbe der Baumeister
Stefanie Knittl hat mit großem Aufwand ein baufälliges Haus an der Tutzinger Hauptstraße saniert. Zum Nachlass gehören Papiere, die eine 115-jährige Familien- und Firmengeschichte dokumentieren
Von Katja Sebald, Starnberger SZ vom 19. Juli 2018
Tutzing – „Entweder ich verkaufe jetzt alles oder ich mache was draus“, dachte Stefanie Knittl, nachdem sie ein altes baufälliges Haus an der Tutzinger Hauptstraße, dazu ein großes Grundstück und mehr als ein Jahrhundert Familiengeschichte geerbt hatte. Die 50-Jährige ist die letzte in der Ahnenreihe der Baumeisterfamilie Knittl: Ihre Vorfahren betrieben einst das größte Baugeschäft weit und breit, sie haben unzählige Häuser und Villen gebaut und damit die Architekturlandschaft rund um den Starnberger See nachhaltig geprägt. Sie selbst hat sich am Ende entschieden, etwas aus ihrem Erbe zu machen: 2012 sanierte sie mit großem Aufwand das denkmalgeschützte Stammhaus der Firma Knittl und dokumentierte anschließend die Firmen- und Familiengeschichte.
Im Jahr 1864 hatte Herzog Ludwig in Bayern, Sisis ältester Bruder, den Tiroler Maurergesellen Josef Knittl nach Garatshausen geholt. Jahre lang beschäftigte er ihn beim Umbau des Schlosses, bis sich Knittl 1872 selbständig machte und eine Tutzinger Fischertochter heiratete. Damit begann die Geschichte der Baumeisterdynastie Knittl. Nach dem Bau der Eisenbahnlinie erlebte Tutzing einen wahren Bauboom, der Firmengründer hatte viel zu tun: Prägnante Bauten wie die Villa Trutz und die Villa Thudichum in Tutzing oder die Villa Reber in Pöcking entstanden, aber auch viele kleine Handwerkerhäuser. In der zweiten Generation wuchs die Firma in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg auf 350 Mitarbeiter an. Xaver Knittl war in der Prinzregentenzeit der „Platzhirsch“ unter den Baumeistern rund um den See. Er realisierte mehr als 250 Bauprojekte, darunter das Tutzinger Kloster, die Grundschule, das Rathaus und beide Kirchen. Für die von ihm gebauten Villen und Landhäuser entwickelte er den typischen „Knittl-Stil“ mit aufwendigem Zierfachwerk. Sein jüngerer Bruder Engelbert hatte in Feldafing das Baugeschäft von Johann Biersack übernommen, wo er nun ebenfalls an Villenbauten beteiligt war und unter anderem die mittlerweile denkmalgeschützte Badeanstalt entwarf. In der dritten Generation führte Carl Knittl das Tutzinger Baugeschäft bis in die 1950er Jahre. Unter Karl Xaver Knittl, Vater von Stefanie Knittl, endete 1987 die Baumeistertradition: Zuletzt konnte er – wie viele andere Handwerksbetriebe – dem Wettbewerbsdruck durch Billiganbieter nicht mehr standhalten.
Für Stefanie Knittl, die den geschäftlichen Überlebenskampf ihrer Eltern hautnah erlebt hatte, stellte sich nie die Frage, ob sie das Familienunternehmen übernehmen sollte. Sie absolvierte ein Ingenieurstudium, studierte dann Politik. Heute ist sie Berufsschullehrerin in München und unterrichtet unter anderem Sozialkunde. Ihre Familiengeschichte, aber auch die Geschichte des Bauens und Wohnens am Starnberger See interessiert sie vor allem unter soziologischen Gesichtspunkten: „Mich fasziniert der Zusammenhang zwischen Architektur und Gesellschaft“, sagt sie, „das Denken im Bau hat sich komplett verändert und damit auch das Verhältnis der Menschen zu ihren Häusern.“ Fortschrittsgläubigkeit, gesetzliche Vorgaben sowie wirtschaftliche Aspekte lassen nurmehr standardisierte, seelenlose Bauten statt individueller Häuser entstehen. Ein Haus wie das ihrer Familie könne man heutzutage nicht mehr bauen. Seit Jahren setzt sie sich deshalb für Denkmalschutz und den Erhalt alter Bausubstanz ein.
Bei der Sanierung ihres Elternhauses stieß sie auf handgeschriebene Betriebsbücher, historische Dokumente und Fotografien, aus denen sie 2016 eine Ausstellung im Tutzinger Ortsmuseum zusammenstellte. Viele Stunden hatte sie schon damals über alten Plänen im Staatsarchiv verbracht. Jetzt entstand aus ihrer Forschungsarbeit ein Buch, in dem sie auf 300 Seiten die von der Baumeisterfamilie Knittl in 115 Jahren Firmengeschichte realisierten Projekte nahezu lückenlos dokumentiert: Landhäuser, Villen, Wohn- und Geschäftshäuser, Hotels, Gastwirtschaften, landwirtschaftliche Gebäude, Brücken und Mauern, nicht nur Tutzing, Feldafing, Garatshausen und Pöcking, sondern auch in Starnberg, Bernried, Seeshaupt, am Ostufer und in den Voralpen. Das Buch erzählt aber auch von Erfolg und Ende einer typischen Handwerkerfamilie am Starnberger See. Und nicht zuletzt erzählt es die „kleinen Geschichten“, wie Knittl sagt: Von Maurern, die 50 Jahre lang in der Firma beschäftigt waren und fast zur Familie gehörten. Von Krankheit und Tod, Heiraten und Kinderkriegen, Sparen und auch vom Scheitern: Diese Geschichten machen das Buch zu einem eindringlichen Stück Orts- und Regionalgeschichte.