Pocci-Kapelle in Münsing
Von Benjamin Engel
Münsing, 5.9.2019 – Jahrzehntelang ist die Kapelle an der nördlichen Seestraße beim Ammerlander Schloss schon für Besucher unzugänglich. Denn der ursprüngliche Eingang des Sakralbaus aus dem 17. Jahrhundert liegt auf dem Privatgrund der heutigen Schlossinhaber. Niemand konnte mehr hinein. Das könnte sich nun bald ändern. Spätestens 2020 rechnet die Vorsitzende des Ostuferschutzverbandes (OSV), Ursula Scriba, damit, die Kapelle weihen und für die Öffentlichkeit öffnen zu können. Dann kann jeder das prächtige Deckengewölbe im Zustand des 19. Jahrhunderts bewundern. In einen dunkelblauen Nachthimmel blickt, wer im Hauptschiff nach oben schaut. Plastisch heben sich die zahlreichen goldenen Sterne davon ab. „Im Moment habe ich ein sehr gutes Gefühl“, sagt Scriba. „Der Pfarrer unterstützt uns.“
Zum
Tag des offenen Denkmals am Sonntag, 8. September, steht die Kapelle
für einen ersten Eindruck bereits offen. Die OSV-Vorsitzende Scriba wird
von 17 Uhr an Fragen beantworten, über die Historie der Kapelle und die
Sanierungsarbeiten berichten. Hinein kommen die Besucher durch den
neuen von der Straßenseite geschaffenen Eingang an der Sakristei – über
eine Treppe. Denn der Boden des Baus liegt heute etwa 75 Zentimeter
unterhalb des Straßenniveaus.
Nach dem fast vollständigen Verfall
in den 1970er Jahren waren die Sanierungsarbeiten nur stockend
vorangegangen. Das lag wohl auch an der vielfältigen Interessenslage mit
vielen Beteiligten – von der Münsinger Kirchenstiftung, bis zum
Erzbischöflichen Ordinariat, den Schlossbesitzern und dem Landesamt für
Denkmalpflege. Umso mehr freut sich Scriba über die jetzige, tragfähige
Lösung. Der OSV hatte die Sanierungen federführend betreut. „Die Kapelle
sah wüst aus. Aus dem Dach des Hauptschiffs wuchs sogar ein Baum“,
beschreibt dessen Vorsitzende den einst traurigen Zustand des
Sakralbaus.
Glaskunst von Bernd Nestler
Die
besonderen Details machen heute den Charme der denkmalgeschützten
Kapelle aus. Das Motiv der Heiligen Drei Könige samt der Muttergottes
Maria mit Kind und dem Stern ziert das farbkräftig leuchtende Fenster
oberhalb des Altars im Osten des Innenraums. Für die den Heiligen Drei
Königen geweihte Kapelle hat der Münchner Glaskünstler Bernd Nestler
eine Darstellung aus dem Regensburger Dom aufgegriffen. Um sein Werk vor
den Straßenverunreinigungen zu schützen, wurde ein zweites Fenster im
Mauerwerk der Kapelle davor gesetzt. Darin ist das Motiv der Heiligen
Drei Könige in seinen Umrissen nochmals eingeätzt. Nur noch
bruchstückhaft waren auch die Seitenfenster der Kapelle mit gelben und
türkisfarbenen Rauten erhalten. Nach diesem Vorbild hat eine Werkstatt
aus München neue gefertigt.
Ebenso rudimentär waren auch die
Überbleibsel des einstigen Hochaltars. Von den Seitenteilen existierten
nur noch einzelne Bretter. Lediglich ein grob gerastertes, altes
Zeitungsfoto vermittelte noch einen Eindruck vom Mittelteil. „Das
Landesamt für Denkmalpflege hat sich dafür entschieden, den Hochaltar
nicht mehr zu restaurieren“, sagt Scriba. Für die Tischplatte des Altars
werde derzeit an einer Lösung gearbeitet.
Ein Speziallabor hatte
die Farbschichten in den Innenräumen der Kapelle untersucht. Die
Restauratoren von Engel & Paric aus Wessobrunn stellten den in den
1920er Jahren weiß übertünchten Sternenhimmel und damit den Zustand aus
dem 19. Jahrhundert wieder her. Laut Scirba soll das Fresko dank
ausgeklügelter LED-Beleuchtung noch plastischer wirken. „Man meint, die
Sterne kommen auf einen zu. Die farbige Decke tritt in den Hintergrund“,
beschreibt Scriba die neue Raumwirkung. Damit die Proportionen der
Kapelle gefälliger wirken, wurde der Wandsockel farblich abgesetzt. Die
Restauratoren ergänzten den durch Salze aus dem nahen Straßenverkehr
lädierten Natursteinboden teilweise.
Ursprünglich hatte der
Wittelsbacher Fürstbischof Albrecht Sigmund die Kapelle zwischen 1683
und 1685 etwa zeitgleich mit dem neuen Schloss am Ostufer des
Starnberger Sees errichten lassen. Der Sakralbau war von damals bis
heute im Besitz der Kirchenstiftung Münsing. Die Sakristei wurde 1728
nördlich an die Kapelle angebaut. Im Inneren ist noch ein alter
Zierfries erhalten.
Schlossbesitzer Pocci pflegten die Kapelle
Bis
in die 1930er Jahre sollen die späteren Schlossbesitzer der Familie von
Pocci die Kapelle gepflegt und dort Gottesdienste organisiert haben.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verkauften die Poccis das Schloss. Die
Besitzer wechselten. Die Räume und auch die Kapelle verfielen. Für deren
Erhalt hatten der Ammerlander Freiherr Dietrich von Laßberg und der OSV
im Jahr 1981 eine Rettungsaktion begonnen und Spenden gesammelt. 1986
hatte das Erzbischöfliche Ordinariat München und Freising mit der
Sanierung begonnen. Die Räume wurden entfeuchtet. Die Kapelle bekam
einen neuen Dachstuhl. Doch dann stockten die Arbeiten wieder.
Problematisch
blieb der Zugang zur Kapelle. Neue Eigentümer sanierten von 1988 bis
1992 das benachbarte Schloss. Damit war die ursprüngliche Eingangstür
von der Nordseite nicht mehr erreichbar, weil sie in dessen Garten
liegt. Um neue Zugangsmöglichkeiten wurde lange gerungen. Erst viel
später stimmte das Erzbischöfliche Ordinariat zu, eine Tür auf der
Straßenseite einzurichten. Über vier Stufen geht es künftig dahinter in
die Sakristei hinunter und von dort in die Kapelle. Der Ammerlander
Schreiner Josef Wagner fertigt die Holztreppe an.
Für den ersten
Bauabschnitt ist laut Scriba mit Kosten von 100000 Euro zu rechnen.
Finanziell unterstützen die Kommune Münsing, das Tölzer Landratsamt, der
Bezirk Oberbayern und das Landesamt für Denkmalpflege die
Sanierungsarbeiten. Zusätzliche Spendengelder flossen. Die
Messerschmidt-Stiftung hat beispielsweise mit 22000 Euro die neuen
Fenster finanziert. Für die Kapellenbänke hat der OSV die Meitinger
Stiftung als Sponsor gewonnen.
Über die Unterstützung freut sich
die OSV-Vorsitzende Scriba. Sie ist zuversichtlich, dass die Kapelle von
2020 endlich wieder für die Öffentlichkeit zugänglich sein wird.
Mein Dank gilt den Helfern dieser Veranstaltung:
- Manfred Stecher für die Beratung von potenziellen Spendern
- Josef Wagner für die Präsentation der neuen Treppenplanung und den Holzmustern
- Regina Wagner für die Vorbereitung des Raumes
- Bernd Nestler für die Präsentation und Erläuterung unseres Vorgehens zu den künstlerisch gestalteten Gläsern, besonders des Altarfensters.
- Maria Mannes für die Chance des OSV sein großes ehrenamtliches Projekt auf einer bundesweiten Liste präsentieren zu dürfen.
Sobald wir einen entscheidenden Schritt weiter sind, werden wir die Mitglieder in die Kapelle wieder einladen. Bitte denken Sie daran, dass wir gerade jetzt dringend auf Spenden angewiesen sind und unterstützen Sie uns.
Ursula Scriba
Die IBAN lautet: DE12 7005 4306 0011 7217 50. Herzlichen Dank.